Kia

Testbericht: Kia Rio 1.4 CRDi Spirit – Mit starkem Selbstbewusstsein

Wie schnell sich Markenimages wandeln können, ist derzeit schulbuchmäßig an Koreas Autoherstellern zu studieren – und zwar nicht nur bei neuen Modellen wie dem gehobenen Optima oder dem kompakten Hochdach-Kombi Soul, sondern sogar bei einstigen Billig-Modellen wie dem Rio, der sich an der Schwelle vom Kleinwagen zur Kompaktklasse bewegt. Bisher galt dieser Typ weder als Ausweis guten Geschmacks noch besonderer Technik-Affinität – ganz im Gegenteil. Schon optisch könnte deshalb der Sprung zum aktuellen Modell kaum eindrucksvoller sein: Die von dem Italiener Massimo Frascella gezeichnete Karosserie ist ebenso muskulös wie wohlproportioniert – vielleicht gibt es in dieser Klasse kein besser geformtes Automobil.

Überzeugt auch auf den zweiten Blick

Die schöne Form würde zwar nicht genügen, um Modell und Marke neu zu positionieren. Doch auch auf den zweiten Blick überzeugt der Rio: Fugenbild und Verarbeitung sind auch im Detail hochwertig ausgeführt; die Türgriffe liegen gut in der Hand. Und schließlich gefällt auch das Interieur, das erhebliche Einflüsse von Volkswagen und Audi erkennen lässt – kein Wunder, hat doch Kia-Chefdesigner Peter Schreyer bei diesen Marken bereits höhere Weihen erfahren, bevor er zu den Koreanern wechselte.

In der von uns gefahrenen, vollausgestatteten Top-Variante setzt Kia überall Premium-Akzente – beispielsweise mit einer Drucktasten-Klimaautomatik, einem Multifunktions-Lenkrad oder einem perfekt integrierten Navigationssystem mit Rückfahrkamera. Lediglich die Instrumentierung in Tubenoptik wirkt etwas zu gewöhnlich, und wir haben auch schon hochwertigere Sitzpolster in dieser Klasse gesehen. Schade, dass es auf dem deutschen Markt für das Interieur ausschließlich langweiliges Schwarz angeboten wird. Dennoch bleibt festzuhalten, dass Kia in einem einzigen Generationensprung die Japaner praktisch überholt – und sich bereits dem Klassenstandard, nämlich der Volkswagen-Gruppe, nähert.

Schwachpunkt Fahrwerk

Etwas weniger überzeugend als die optische und qualitative Anmutung nimmt sich das Fahrwerk des Rio aus. Es basiert prinzipiell noch auf dem Vorgängermodell, wurde allerdings in vielen Komponenten verstärkt. Die Karosserie ist steifer als früher, obwohl das Gewicht relativ konstant geblieben ist – allerdings auf hohem Niveau. Wunder hat man damit nicht geschafft. Die elektrische Servolenkung vermittelt zu wenig Fahrbahnkontakt, im Grenzbereich untersteuert der Rio deutlich. Wer es weniger forciert angehen lässt, darf sich über die komfortable Federung und das niedrige Geräuschniveau freuen. Und auch das Platzangebot sorgt dafür, dass man sich im Kia Rio wohlfühlt. Auf allen Plätzen ist genügen Bewegungsfreiheit, und der Kofferraum fasst mindestens 288 Liter.

Aggregat

Kultivierte Manieren legt der 1,4-Liter-Vierzylinder-Diesel an den Tag, der als Spitzenmotorisierung der Baureihe fungiert. Er leistet 66 kW/90 PS und gibt maximal 220 Nm Drehmoment ab. Das klingt gut, die Fahrleistungen lassen allerdings zu wünschen übrig: Der Sprint von 0 auf 100 km/h dauert betuliche 14,1 Sekunden, und bei knapp über 170 km/h ist Schluss mit dem Vortrieb. Den angegebenen Durchschnittsverbrauch von 4,3 Litern pro 100 Kilometer haben wir um gut anderthalb Liter überboten. Für die Kraftübertragung sorgt ein exzellentes Sechsgang-Handschaltgetriebe.

Preise

Ein vielsagendes Kapitel ist die Preispolitik. Mit dem 1,2-Liter-Einstiegs-Benziner und drei Türen steht der Rio zwar für einen Kampfpreis von 9.990 Euro in der Liste – vermutlich nur, um VW zu ärgern und ein weitaus größeres und stärkeres Modell zum Tarif eines Up anzubieten. Doch eine Klimaanlage ist für dieses Modell nicht zu bekommen; seine Farbpalette beschränkt sich auf die Farbe Weiß. Wer auf gute Ausstattung Wert legt, muss relativ tief in die Tasche greifen; das von uns getestete Spitzenmodell kommt mit den entsprechenden Optionen gar auf über 20.000 Euro. Dieser Preis ist zwar in Anbetracht des Gebotenen noch immer angemessen, aber beileibe kein Sonderangebot mehr. Dass Kia

das frühere Preisdumping nicht mehr nötig hat, ist nur ein weiteres Indiz für den gelungenen Imagewandel.

Kia Rio 1.4 CRDi Spirit – Technische Daten
Fünftürige, fünfsitzige Limousine der Kompaktklasse
Länge 4,05 m, Breite 1,72 m, Höhe 1,46 m, Radstand 2,57 m
1,4-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel, 66 kW/90 PS bei 4.000 U/min, 220 Nm bei 1.750-2.750 U/min
0-100 km/h in 14,2 s, Vmax 172 km/h, Verbrauch 4,3 l/100 km, 114 g CO2/km, Testverbrauch 5,9 l/100 km
Preis 18.390 Euro.
 
Kia Rio 1.4 CRDi – Kurzcharakteristik:
Alternative zu: VW Polo, VW Golf   Sieht gut aus: in Metallic-Farben und mit 17-Zoll-Alufelgen   Passt zu: fast jedem – das Image von Kia ist im Aufwind

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