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Liebes Tagebuch,
heute ist Ami Pressetag. Mein Freund der Standleiter fordert von uns nicht nur, dass wir trotzdem weiter putzen, sondern uns auch noch „unsichtbar“ machen. Jetzt sollen wir auch noch zaubern oder was?! Erst bekomme ich so einen wahnsinnig tollen Pullover (der trotz Größe s eher an ein hässliches Kleid, als an einen Pulli erinnert), versuche dem Putzer-Dresscode so gut wie möglich zu entsprechen und nun soll ich mich nicht blicken lassen?! Ich dachte, ein Foto vom neuen #piiiieeeppp#, auf dem im Hintergrund einer meiner fleißigen Mitstreiter mit Firmenlogo zu sehen ist, kann doch nur gut für die Firma sein. Aber was versteht schon ein Student im Medienbereich davon… Ich weigere mich also zu widersprechen, denn ich will es mir ja nicht völlig mit Mr. Wichtig alias dem Standleiter verscherzen.
Die Presseleute kommen, auch das Fernsehen ist da. Durch reichlich Blitzlichtgewitter werde ich in meinem Versteck geblendet und muss mich kurz umdrehen. Das Versteck ist aber gut. Erstens kann ich alles verfolgen, ohne dabei gesehen zu werden und zweitens folge ich damit auch noch genau den Anweisungen des Standleiters: ich bin unsichtbar. Leider bemerke ich nicht, dass sonst nur ein Bruchteil der anderen Putzboys und -girls sich auch versteckt hat, um das Kuddelmuddel zu beobachten. Denn der Standleiter hatte mit „unsichtbar machen“ anscheinend doch etwas anderes gemeint. So kommt es mir zumindest vor, als er schnell auf mich zu kommt, mir wieder etwas von Pflichtbewusstsein und Verantwortung erzählt (was bei mir ins linke Ohr rein geht und beim rechten sofort wieder raus…) und mich anweist, den anderen im Geschäftsbereich des Standes zu helfen – also dort, wo Leute im Anzug während der Messe ihren Kaffee trinken, bis mal jemand kommt und ernsthaft ein Auto kaufen will – ein toller Job denke ich mir und gehe an die Arbeit. Im Geschäftsbereich herrscht vor allem Glas – auch soweit oben, dass man eine Leiter braucht. In unserem – nennen wir es noch schmeichelhaft – Rümpellager finde ich auch eine. Nur die hat ihre besten Tage schon hinter sich. Wahrscheinlich hat sie schon unter Bismarck fleißigen Arbeitsbienen ganze Dienste geleistet. Was anderes finde ich aber nicht und während ich die Leiter in den Geschäftsbereich schleppe, frage ich mich, wieso es eigentlich kein Höchstalter für Leitern gibt.
Der Rest des Tages verläuft wie von den gestandenen Reinigungskräften vorhergesagt ganz locker. Nachdem die Pressevertreter an unserem Stand wieder weniger werden, können wir auch wieder unserer eigentlichen Arbeit nachgehen. Es sind zwar keine Messebauer mit dreckigen Schuhen mehr da, aber auch die Presseleute haben sich nicht zurück gehalten. Aber wenigstens sieht man jetzt, was man schon geschafft hat, die Messebauer machen es nicht gleich wieder zu nichte. Bis dahin sind wir alle auch weitesgehend unsichtbar geblieben, weswegen sich der Standleiter am Ende des Tages sogar ein Kompliment für uns abringt. Gefühlte fünf sekunden später schwört er uns aber auf unsere große Verantwortung am morgigen Tag ein, wenn die Messe für Besucher öffnet. Dann heißt es wieder raus aus dem Versteck, denn „the stage is yours“!
geschrieben von Roman T. veröffentlicht am 30.03.2009 aktualisiert am 30.03.2009
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