Titelkandidat Tomczyk: Punktlandung nach Absturz

(adrivo.com) Das Ziel des Endrangs in den Top 3 erreichte Martin Tomczyk punktgenau. Dass dafür der Absturz von der Tabellenspitze nötig war, verwunderte die Kritiker…

Das bekannte Ziel, einen Meisterschaftsrang unter den ersten Drei einzufahren – und das gewohnte Verfehlen desselben. Der Ruf des guten Qualifyers, dem es jedoch an Konstanz fehlt – der 2005 endgültig passé war, nachdem auch die Glanzleistungen im Zeitfahren ausblieben. Eine erste Saisonhälfte 2006 ohne Podestplatz, auf die im schon 51. Rennen der erste Sieg folgte. Vom betont rohen Rohdiamanten bis zum ewigen Talent, vom Nachwuchs- zum Durchschnittsfahrer: Auch zu Beginn seiner siebten Saison in der DTM hatte sich die Zahl von Martin Tomczyks noch nicht reduziert. Dass sich Tomczyk 2007 als ernsthafter Titelkandidat präsentierte, überraschte große Teile der DTM-Welt – ebenso wie die Beobachtung, dass der verpasste Meisterschaftsgewinn durchaus nicht im Versagen des Audi-Piloten begründet war…

„Der Wille, wieder ganz oben auf dem Podest zu stehen, wird nach dem ersten Sieg umso größer. Um den Titel zu fahren, ist ein realistisches Ziel, wobei mein selbst gestecktes Ziel ist, nach Meisterschaftsrang vier im vergangenen Jahr unter die ersten Drei zu fahren“, hatte Martin Tomczyk noch beim Saisonstart uns gegenüber verkündet. Der erste Sieg in Barcelona hatte ihm Auftrieb gegeben, er gab vor, es mit dem richtigen Renningenieur – den er 2005 schmerzlich vermisst hatte – ganz an die Spitze schaffen zu können. Letzte Zweifel schienen ihn dennoch zu plagen, gab er mit einem Endrang in den Top Drei doch „nur“ das altbekannte Ziel aus…

Beim Saisonauftakt in Hockenheim legte Tomczyk mit Platz zwei hinter Ekström den Grundstein für eine erfolgreiche Saison. Die Zahl der Zweifler verminderte er damit jedoch nicht – zu gut hatte sich Tomczyk auf seiner badischen Lieblingsstrecke selbst in ansonsten durchwachsenen Jahren präsentiert, zu vermeidbar war der Verbremser, mit dem Tomczyk in der Anfangsphase des Rennens die Führung an Bruno Spengler verlor. Die acht Punkte aus Hockenheim sollten für Tomczyk zum Orakel für die restliche Saison werden: Im Durchschnitt erzielte acht Punkte – wenn er und sein Audi A4 es denn in die Punkteränge schafften…

Einen fünften Platz, eine Nullrunde im allgemeinen Lausitz-Chaos sowie einen zweiten Platz in Brands Hatch führte Tomczyk erstmals in seiner Karriere alleinig die Meisterschaft an und präsentierte sich zur Saisonhalbzeit endgültig als Titelkandidat – zumindest auf dem Papier. „Mit dem Wechsel seines Renningenieurs hat Martin seit der zweiten Saisonhälfte 2006 zwar konstant gute Leistung erbracht. Ehrlich gesagt traue ich ihm den Titel jedoch noch nicht so ganz zu – lasse mich aber gern vom Gegenteil überzeugen!“, hegte selbst DTM-Experte Manuel Reuter Zweifel am Titelpotenzial des Rosenheimers. Die Chance, den Gegenbeweis anzutreten, blieb Tomczyk zunächst verwehrt:

Eine unverschuldete Startkollision mit Susie Stoddart auf dem Norisring ließ ihn auf wieder auf Meisterschaftsrang drei rutschen, ein Fahrfehler in Mugello, der nach einem missglückten Boxenstopp kaum noch etwas zur Sache tat, bedeutete weitere drei verlorene Tabellenplätze. „Was die Strecken angeht, gefällt mir die zweite Saisonhälfte besser als die erste, sprich: Zandvoort, Nürburgring, Barcelona und Hockenheim. All das sind Strecken, auf die ich mich freue“, ließ sich Tomczyk den Optimismus trotz aller Rückschläge nicht nehmen – und lief beim Kampf zurück an die Tabellenspitze zur Hochform auf. Hing dem Makel des Zandvoort-Siegs noch der Makel der prématschen Hilfestellung an, so dominierte er auf dem Weg zum zweiten Saisonsieg auf dem Nürburgring die Konkurrenz.

Zwei verbleibende Rennen, vier Punkte Rückstand auf Tabellenführer Ekström – eine durchaus lösbare Aufgabe. „Martin Tomczyk ist in seiner jetzigen Form ein ganz heißer Kandidat für den Meisterschaftstitel. Mattias wird sich mit nur vier Punkten Vorsprung vor Martin sehr in Acht nehmen müssen“, zeigte sich nun auch Manuel Reuter vom Potenzial des 25-Jährigen überzeugt, der selbst nicht widersprechen wollte: „Momentan habe ich einen Lauf; das Team um mich herum ist sehr motiviert und mir fällt es leicht, gemeinsam mit meinem Renningenieur eine gute Abstimmung zu finden. Ich mache mir wenig Druck.“

Mit besten Chancen auf den dritten Sieg in Folge sah sich der Bayer in Barcelona ausgerechnet von Routinier Mika Häkkinen von der Strecke gekegelt, eine Berührung mit Teamkollege Timo Scheider und ihre Folgen ließ Tomczyk erneut an den Punkterängen scheitern. Es war eine schmerzhafte Punktlandung, die Tomczyk beim Titelendspurt erlebte: Das ursprüngliche Ziel, der Meisterschaftsrang in den Top Drei, war mit Platz drei punktgenau erreicht – noch mehr war durch verhängnisvolle Nullrunden verhindert worden. Zwei Mal war Tomczyk bei den letzten sechs Saisonläufen in die Punkte gekommen – und durfte jeweils die oberste Stufe des Podests besteigen. Bei fünf Ankünften in den Punkten kam Tomczyk vier Mal vor Champion Mattias Ekström und stets vor Vizemeister Bruno Spengler ins Ziel. Die Saison 2007 brachte Tomczyk nicht den Titel. Sie brachte stattdessen die Erkenntnis, dass der Titel künftig als klares Ziel formuliert werden darf, ohne den Spott der Kritiker fürchten zu müssen.

„Mir geht der Gedanke schon noch ab und zu durch den Kopf, wie nah ich dran war“, hadert Tomczyk gegenüber dem zwar mit der verpassten Chance, zeigt sich jedoch abgeklärt, „beim Finale war nach drei Kurven der Traum von der Meisterschaft zerstört und ich hatte genug Zeit, mich mit dem Gedanken anzufreunden. Insgesamt war ich mit meiner Leistung während der ganzen Saison zufrieden. Ich weiß mich auf dem richtigen Weg.“ Am Ziel wähnt sich der langjährige Audi-Pilot noch nicht: „Zum Star gehört noch ein bisschen mehr, mir fehlt mindestens noch ein Titel. Ich fühle mich als guter Tourenwagen-Fahrer.“ Ein Urteil, dem nun auch Tomczyks Kritiker nicht mehr widersprechen…

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