Elektrisierende Katze auf Speed

Track-Test Jaguar I-Pace e-Trophy

Jaguar I-Pace e-Trophy. Bilder

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Der riesige Frontsplitter sieht furchteinflössend aus. Er wirkt so angriffslustig, als wolle er gleich alles verschlingen, was sich ihm in den Weg stellt. Beim Rundgang um den Jaguar I-Pace e-Trophy fällt dann noch der ausladend breite Heckspoiler ins Auge, der selbstbewusst in den Himmel ragt. Die aerodynamischen Maßnahmen an der Rennversion des schwarzen Jaguar I-Pace sollen Abtrieb erzeugen und gleichermaßen beeindrucken wie der martialische Auftritt selbst. Das klingt nach althergebrachtem Motorsport, trotzdem ist beim I-Pace e-Trophy vieles anders.

E-Raubkatze steht zum Sprung bereit

Statt einem lauthals brüllenden Verbrennungsmotor schleicht sich die Raubkatze auf leisen Samtpfötchen an: rein elektrisch schnurrend und vor allem emissionsfrei. Also ran ans Objekt der Begierde. Das Entern des Boliden erfordert allerdings zunächst ein hohes Maß an Gelenkigkeit. Um den fest zupackenden Schalensitz zu erklimmen, will erst einmal der massive Überrollkäfig überwunden werden. Der weckt mit seinen extrem dicken Rohren nicht nur Vertrauen, sondern macht sich überall breit und steht im Weg.

Einzig ein kleiner Schacht bleibt zum Einstieg noch übrig. Endlich, die erste Hürde ist geschafft. Der Innenraum ist bis auf das blanke Blech leergeräumt, stattdessen gibt es nur das Notwendigste mit unter anderem bordeigener Feuerlöschanlage.

Beim Festziehen der Sechs-Punkt-Gurte bleibt ein kurzer Blick auf das spartanisch eingerichtete Cockpit. Das Lenkrad ist nur so vollgestopft mit Knöpfen und Drehreglern. Einer davon dient dem ABS, das der Pilot in elf Stufen regulieren kann. Ebenso lässt sich die Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse sowie die Bremsbalance einstellen. Die Verführung ist groß, wir lassen jedoch sicherheitshalber die Finger davon.

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Kommandozentrale fast wie im Flugzeug

Hinter dem dick ummantelten Volant befindet sich das zentrale Display. Es zeigt alle relevanten Daten, wie etwa die Geschwindigkeit, die Rundenzeiten oder den Zustand der elektrischen Komponenten an. Auf Schaltpaddels am Lenkrad verzichtet der I-Pace. Wozu auch? Dem Wettbewerbsfahrzeug reicht ein einziger Gang vollkommen aus. Die breite Mittelkonsole ist mit Schaltern übersät. Die Kommandozentrale ähnelt einer Pilotenkanzel im Flugzeug. Die einzigen Bauteile, die noch aus der Serie übriggeblieben sind, sind die Tasten für den Fahrmodus.

Nach einem Druck auf D setzt sich der Bolide in Bewegung und stürmt los. Ungewohnt leise, aber mit erheblichem Nachdruck. Die Beschleunigung ist heftig. Letztendlich zerren am Jaguar gerade 400 PS und gewaltige 700 Newtonmeter Drehmoment, mit denen er ungestüm nach vorne peitscht. Der Cup-Racer sprintet in sehr schnellen 4,5 Sekunden von Null auf 100,

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Bei 205 km/h ist bereits Schluss

Zugegeben, Topspeed ist nicht unbedingt seine Stärke, sie wird aber auch im Einsatzgebiet der e-Trophy nicht wirklich benötigt. Bei den Duellen auf den meist winkligen Stadtkursen rund um den Globus spielt hohes Tempo ohnehin eine untergeordnete Rolle. Gleiches gilt für unseren Test auf der Rennstrecke im englischen Bedford, nordöstlich von London. Der Kurs ist nur mit kurzen Geraden gespickt, dafür hält er aber jede Menge und gemeine Kurven bereit.

Stramme 2150 Kilogramm wiegt der Jaguar im Renntrimm inklusive Fahrer und ist somit nicht gerade ein Rennwagen von der leichten Sorte. Dabei geht fast allein ein Drittel des Gewichts auf das Konto der Batterien. Dessen ungeachtet benimmt sich der I-Pace keineswegs schwerfällig. Im Gegenteil, die mitteilsame Lenkung spricht auf unserer Jagd sehr direkt an und das harte Rennfahrwerk ist fein ausbalanciert. Das gezielte Doping macht ihn zu einer leichtfüßigen und äußerst flinken Renn-Katze. Allerdings nicht so schnell, wie man es von einem Rennwagen erwartet hätte. Vielleicht liegt dieser Eindruck nur am fehlenden Sound. Vollstrom klingt eben nicht wie Vollgas.

Einzig der Fahrwind zischt um den Cup-Racer, während die beiden E-Maschinen ihr ruhiges Lied singen. Für wesentlich mehr Krach sorgen dagegen die kleinen Steinchen, die permanent von den speziellen Michelin-Rennreifen aufgelesen werden und ständig gegen die Karosserie prasseln. Die ungewohnt extrem großen Walzen im 22-Zoll-Format wurden von den Franzosen eigens für die E-Serie entwickelt und bauen, trotz kalter Herbst-Temperaturen, den anstandslos notwendigen Grip auf.

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Erste Rennserie für Elektro-Sportwagen

Zeit für weitere Fakten: Die Jaguar I-Pace e-Trophy ist die weltweit erste Rennserie für rein elektrisch angetriebene Rennwagen. Gut 20 Fahrer gehen hier an den Start, um die Meisterschaft in spannenden Zweikämpfen auszufechten. Der Rennkalender umfasst zehn Läufe, die im Rahmen der Formel E stattfinden. Neben den Metropolen wie New York, Mexiko City, London und Rom steht auch wieder Berlin fest. Die Fights werden ausschließlich auf umgebauten Stadtkursen ausgetragen. Ebenso ungewöhnlich: Statt wie üblich im Frühjahr, beginnt die Saison für die vollelektrische Rennserie bereits am 22. und 23. November. Der erste Austragungsort ist Diriyya in Saudi Arabien.

Die erste Saison im vergangenen Jahr nutzte Jaguar noch fleißig als Testlabor, um den Härteeinsatz unter Extrembedingungen zu analysieren. Die Briten hörten aber auch bei ihren Fahrern genau zu. Die bescheinigtem dem I-Pace ein nervöses Fahrverhalten sowie ein starkes Untersteuern. Deshalb geht der Elektro-Racer in der zweiten Saison mit einem gründlichen Update an den Start.

Mit einem neu abgestimmten Fahrwerk, ebenfalls nachgeschärft wurden die Bremsen und Steuerungselektronik. Jetzt fährt sich der I-Pace neutraler. Zudem bringt ein neuer Attack-Modus mehr Spannung in die Rennserie. Ist der Angriffsmodus aktiviert, stehen kurzfristig 20 Prozent mehr Leistung und Drehmoment zur Verfügung, die den Piloten zusätzliche Überholmöglichkeiten ermöglichen.

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Technische Grundlage: Das Serienmodell des I-Pace

Die 90 kWh starken Lithiumionen-Akkus liegen tief im Fahrzeugboden. Sie halten den Schwerpunkt niedrig und treiben die beiden Elektromotoren an. Allradantrieb ist hier genauso Standard wie bei der Straßenversion. Anstatt jedoch – wie es sich für einen standesgemäßen Rennwagen gehört – flach über dem Asphalt zu kauern, ragt die Karosserie des Crossover hoch hinaus.

Beim I-Pace e-Trophy stecken die Veränderungen eher im Detail. Schließlich hält eine Seriennähe die Kosten für die Teams in einem überschaubaren Rahmen. Auch sind die Fahrzeuge untereinander völlig identisch. Große Modifikationen lässt das Reglement nicht zu. Alle Piloten kämpfen daher mit den gleichen Waffen, umso mehr kommt es beim Umgang mit dem E-Boliden auf das Können und Geschick jedes einzelnen an.

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Reichlich Talent ist gefragt

Nach einigen Runden haben wir inzwischen das Strecken-Layout längst abgespeichert. Doch vom Übermut übermannt, steuern wir geradewegs viel zu übermotiviert auf die nächste Biegung zu. Wer hier jetzt nicht mit einem kräftigen Tritt in die Eisen geht, verpasst definitiv den Kurveneingang. Deshalb muss vor der nächsten Spitzkehre mit aller Kraft verzögert werden, damit es die Bremsen noch rechtzeitig packen. Sie greifen zwar brutal zu, doch haben wir den Einlenkpunkt verpasst.

Zu spät, der Jaguar kontert unmittelbar mit seinem Heck und bricht aus. Doch mit einem beherzten Gegenlenken und einigen Gasstößen am Strompedal hat sich der Bolide wieder stabilisiert. Wer hätte gedacht, dass das alles so einfach ist und so viel Spaß macht. Kurzum: Der Jaguar I-Pace e-Trophy will nicht nur als Auto, sondern auch die Fans an der Strecke geradezu elektrisieren.

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