Mercedes-Benz

Tradition: 40 Jahre Mercedes-Benz 280-560 SL – Der Langstreckenläufer

Er schwelgte in schwergewichtigen Formen mit viel Chrom und Rundungen und ignorierte konsequent den ursprünglichen Sinn des Typenkürzels SL („Sportlich – Leicht“). Dennoch avancierte der vor vier Jahrzehnten präsentierte Roadster der Baureihe R 107 mit über 237.000 Einheiten zum meistproduzierten SL aller Zeiten und mit 18 Jahren Laufzeit zur am längsten produzierten Mercedes-Benz-Pkw-Baureihe.

Permanente technische Innovationen und eine bei Oberklasse-Sportwagen bis dahin unerreichte Popularität bei Prominenz und internationalem Geldadel in Hongkong, Hollywood, Dallas, Downunder oder im Grunewald ermöglichten dem Nachfolger des legendären Pagodendach-SL eine fast beispiellose Karriere. In einer Zeit als klassische, [foto id=“338733″ size=“small“ position=“left“]überrollbügelfreie Cabriolets auszusterben drohten, wehte mit den Typen 280 bis 560 SL und deren neuer Sicherheitstechnik ein warmer Wind ins Oben-Ohne-Segment.

Vorbote der neuen SL-Familie

Vorbote der neuen SL-Familie, aber auch der erst ein Jahr später lancierten W 116-S-Klasse-Limousinen, war der Typ 350 SL. Mit moderner Schräglenker-Hinterachse, eingeklebter Frontscheibe für zusätzliche Karosseriestabilität und einer massiven A-Säule mit Hohlquerschnitt bot er vergleichsweise hohe Sicherheitsreserven sogar bei Überschlägen – die passende Antwort auf damalige Sicherheitsbedenken gegen Cabriolets. Den bereits strengen amerikanischen und japanischen Abgasvorschriften der frühen siebziger Jahre begegnete Mercedes mit einem niederverdichteten und relativ emissionsarmen 4,5-Liter-V8. Derart gewappnet brachten es die repräsentativen R-107-Roadster fast von Beginn an auf bis zu 80 Prozent Exportanteil und erstaunlich lange Lieferzeiten.

Leichtigkeit und Grazilität

Allein durch die Pagodenform des anfangs noch aufpreispflichtigen Hardtops erinnerten die neuen, bis zu 1,7 Tonnen schweren Achtzylinder an die Leichtigkeit und Grazilität, [foto id=“338734″ size=“small“ position=“right“]mit denen die Sechszylinder-Vorgänger sogar motorsportliche Erfolge erzielten. Derartige Triumphe errang die Baureihe 107 im Werkseinsatz nur in der vom SL-Roadster abgeleiteten Coupéversion SLC, dafür aber unter den legendärsten Rallyefahrern jener Jahre wie Hannu Mikkola, Jean Todt oder Björn Waldegaard. Die meisten Kunden und Fachjournalisten ließen sich allerdings viel eher durch die tresorartige Sicherheit und Qualität des 350 SL beeindrucken. Besonders die satt und mit vergleichsweise winzigem Fugenmaß schließenden schweren Türen fanden Gefallen bei Testern.[foto id=“338735″ size=“small“ position=“left“]

Wettbewerbssituation

Auch wenn es die von Friedrich Geiger gezeichnete leicht keilförmige SL-Linie nicht mit Formen italienischer Eleganz oder englischer Rasse aufnehmen konnte, blieb das Kleid des R 107 von zeitlosem Schick. So brachte es der Sindelfinger Zweisitzer – Notsitze gab es gegen Aufpreis – sogar auf mehr Produktionsjahre als der scheinbar ewig junge Jaguar E-Type Roadster. Echte  Rivalen hatte der offene Mercedes ohnehin kaum, zumal er auch kein Fahrdynamiker war wie etwa der vergleichbar teure Porsche 911 S Targa. Sogar 18 Jahre später hatte sich die Wettbewerbssituation für den SL kaum geändert, allein in den erschwinglicheren Preisklassen feierten bügelfreie offene Zwei – und Viersitzer umjubelte Comebacks.

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Zum Ende der ersten Ölkrise

Eine Einsteigerversion gab es seit Sommer 1974 auch für die Roadster von Mercedes-Benz. Zum Ende der ersten Ölkrise hielt der 136 kW/185 PS starke Doppelnockenwellen-Sechszylindermotor, bekannt etwa aus den Limousinen 280 E und 280 SE, Einzug in die SL-Reihe. Tatsächlich erreichte der 280 SL mehr als doppelt so hohe [foto id=“338737″ size=“small“ position=“left“][foto id=“338738″ size=“small“ position=“left“]Jahresabsatzzahlen wie der nur unwesentlich stärkere 350 SL, zum ganz großen Erfolg fehlte ihm jedoch die Vertriebsmöglichkeit in Nordamerika. Dort wurde bis 1980 allein der 450 SL mit 4,5-Liter-V8-Triebwerk so erfolgreich angeboten, dass er mit über 66.000 Verkäufen zum meistverkauften Typ der R 107-Reihe aufstieg. Erst die auf dem Genfer Salon 1980 vorgestellten 3,8-Liter- und 5,0-Liter-V8-Leichtmetallmotoren aus der neuen S-Klasse-Generation W 126 konnten den Höhenflug des 450 SL beenden. Während der 380 SL nun bis 1985 als einziger SL-Typ in den USA verkauft wurde und so den Absatzerfolg des 450 SL annähernd wiederholen konnte, wurde der 177 kW/240 PS leistende 500 SL zum bis dahin stärksten SL-Roadster aller Zeiten. Die sonst so Hubraum-affinen Amerikaner mussten sich dagegen bis zum Herbst 1985 und damit der einzigen echten Modellpflege der R 107-Reihe gedulden. Dann erhielten die USA, Kanada, Japan und Australien exklusiv die neue Spitzenversion 560 SL mit 167 kW/227 PS leistendem 5,6-Liter-V8. Weltpremiere feierten die frisch gemachten SL auf der Frankfurter IAA , zu einer Zeit als bereits Erlkönige der Nachfolgereihe R 129 gesichtet worden waren und mancher Kritiker den Methusalem unter den offenen Sportzweisitzern längst für scheintot hielt.

Fans in aller Welt

Die Fans in aller Welt dagegen honorierten den zweiten Frühling der renovierten R 107-Reihe mit nochmals steigenden Bestellzahlen. Neben einem dezenten Frontspoiler, einer optimierten Vorderradaufhängung, nochmals größeren Rädern und außergewöhnlichen Sicherheitsausstattungen wie Fahrerairbag und Gurtstraffern (optional seit 1982), Knieaufprall [foto id=“338739″ size=“small“ position=“right“]und Seitenaufprallschutz (im 560 SL) sollten vor allem andere Motoren mit optionalem geregeltem Dreiwege-Katalysator für frischen Schwung sorgen. Tatsächlich konnte besonders die neue, 132 kW/180 PS leistende Basisversion 300 SL mit besonders laufruhigem Reihensechszylinder stattliche Zulassungsgewinne verbuchen. Dagegen fristete der neue 420 SL mit 150 kW/204 PS leistendem V8 ein Nischendasein, für ihn entschieden sich in der vierjährigen Produktionszeit nur knapp über 2.000 Käufer. Als einzige Motorisierung kaum modifiziert wurde der 500 SL, der durch eine Umstellung auf mechanisch-elektronische Einspritzung ein Leistungsplus von 5 PS erzielte. Mit nunmehr 180 kW/245 PS markierte er – allerdings ohne Katalysator – den Leistungsgipfel der SL-Reihe und kratzte beim Kaufpreis an der 100.000-Mark-Schallmauer, was der Nachfrage aber keinen Abbruch tat. Der Luxussportler war ein Klassiker der Moderne, der die besten Verkaufszahlen gegen Ende seiner langen Amtszeit einfuhr.[foto id=“338740″ size=“small“ position=“left“]

Gebrauchtwagenkarriere

Was folgte war eine alles andere als gewöhnliche Gebrauchtwagenkarriere. Die Zweisitzer mit dem chromblitzenden Lächeln beendeten den für Luxusautos typischen Abstieg über bunte Fähnchenhändler ins halbseidene Milieu überraschend schnell, denn schon vor zehn Jahren übernahm das Mercedes-Benz Classic Center die Verantwortung für die Langstreckenläufer. Wie zu ihrer aktiven Zeit gelten die Roadster heute als Inbegriff von Solidität, Vertrauen und Langlebigkeit mit Motoren, bei denen Laufleistungen zwischen 250.000 und 400.000 Kilometern keine Seltenheit sind und Preisnotierungen, die längst steil nach oben klettern.

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Modellchronik Mercedes-Benz 280-560 SL (R107)
  
Produktionszahlen:

Insgesamt 237.287 Einheiten (November 1970 bis August 1989), davon

Mercedes 280 SL (Mai 1974 bis August 1985):  25.436 Einheiten

Mercedes 350 SL (November 1970, April 1971 bis März 1980):  15.304 Einheiten

Mercedes 450 SL (Juli 1971 bis November 1980):  66.298 Einheiten

Mercedes 380 SL (Mai 1980 bis Oktober 1985):  53.200 Einheiten

Mercedes 500 SL (April 1980 bis August 1989):  11.812 Einheiten

Mercedes 300 SL (September 1985 bis August 1989):  13.742 Einheiten

Mercedes 420 SL (September 1985 bis August 1989):  2.148 Einheiten

Mercedes 560 SL (September 1985 bis August 1989):  2.148 Einheiten

 
Wichtige Motorisierungen:

Mercedes-Benz 280 SL mit 2,8-Liter-(130 kW/177 PS bzw. 136 kW/185 PS)-Reihen-Sechszylinder-Benziner

Mercedes-Benz 350 SL mit 3,5-Liter-(143 kW/195 PS bzw. 147 kW/200 PS)-V8-Benziner

Mercedes-Benz 450 SL mit 4,5-Liter-(160 kW/217 PS bzw. 165 kW/225 PS)-V8-Benziner

Mercedes-Benz 380 SL mit 3,8-Liter-(150 kW/204 PS bzw. 160 kW/218 PS)-V8-Benziner

Mercedes-Benz 500 SL mit 5,0-Liter-(170 kW/231 PS bzw. 177 kW/240 PS bzw. 180 kW/245 PS)-V8-Benziner

Mercedes-Benz 300 SL mit 3,0-Liter-(132 kW/180 PS bzw. 138 kW/188 PS)-Reihen-Sechszylinder-Benziner

Mercedes-Benz 420 SL mit 4,2-Liter-(150 kW/204 PS bzw. 160 kW/218 PS)-V8-Benziner

Mercedes-Benz 560 SL mit 5,6-Liter-(167 kW/227 PS)-V8-Benziner

 
Ausgewählte Preise:

Mercedes-Benz 350 SL (1971): ab 31.413 Mark

Mercedes-Benz 350 SL mit Coupédach (Hardtop,1971): ab 33.926,80 Mark

Mercedes-Benz 350 SLC (1971): ab 35.631 Mark

Mercedes-Benz 450 SL (1973): ab 36.630 Mark

Mercedes-Benz 280 SL (1976): ab 34.332 Mark

Mercedes-Benz 350 SL (1976): ab 37.918 Mark

Mercedes-Benz 450 SL (1976): ab 42.213 Mark

Mercedes-Benz 280 SL (1981): ab 45.358,20 Mark

Mercedes-Benz 380 SL (1981): ab 55.031,00 Mark

Mercedes-Benz 500 SL (1981): ab 63.087,90 Mark

Mercedes-Benz 300 SL (1985): ab 63.441 Mark

Mercedes-Benz 420 SL (1985): ab 80.826 Mark

Mercedes-Benz 500 SL (1985): ab 89.091 Mark

Mercedes-Benz 300 SL (1988): ab 73.302 Mark

Mercedes-Benz 420 SL (1988): ab 89.604 Mark

Mercedes-Benz 500 SL (1988): ab 98.439 Mark

Zum Vergleich (1971): Jaguar EV12 Cabrio 36.050 Mark

Porsche 911 S targa 32.900 Mark

 
Chronik:

1970: Im November startet die Vorserienproduktion des 350 SL

1971: Im April erfolgt die Pressefahrvorstellung des 350 SL. Für Nordamerika wird der 450 SL produziert, anfangs erfolgt der Vertrieb allerdings unter der Bezeichnung 350 SL

1973: Ab März ist der 450 SL auch in Deutschland bestellbar

1974: Im Juli kommt die Sechszylinder-Basisversion 280 SL zur Auslieferung

1980: Auf dem Genfer Salon feiern 380 SL und 500 SL mit neuen Leichtmetallmotoren als Nachfolger von 350 SL und 450 SL Premiere. In den USA ist der 380 SL bis 1985 die einzige bestellbare Motorversion. Ab März ist ABS lieferbar

1981: Im September Einführung neuer und modifizierter Motoren mit um bis zu zehn Prozent reduzierten Benzinverbrauchswerten gegenüber den Vorgängern  

1982: Ab Januar mit optionalem Fahrerairbag und Gurtstraffer für Beifahrer lieferbar

1985: Im September große Modellpflege für die R107-Typen mit Fahrwerksmodifikationen, neuen Exterieur- und Interieurdetails sowie neuen Motoren. Der 420 SL mit neuer 4,2-Liter- V8-Maschine ersetzt den 280 SL. Für Nordamerika, Japan und Australien geht der 560 SL als Nachfolger des 380 SL in Produktion. Alle SL-Modelle sind für Katalysatorbetrieb vorbereitet (sogenannte RÜF-Versionen) und gegen Mehrpreis auch mit geregeltem Drei-Wege-Katalysator bestellbar

1989: Am 4. August rollt der letzte Roadster, ein roter 500 SL, in Sindelfingen vom Band. Anschließend findet er einen Ehrenplatz im Mercedes-Benz Museum

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