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Mercedes-Benz
Sie sollten mehr sein als die schönen Schwestern der konservativen Heckflossen-Limousine 300 SE. Die vom legendären Designer Paul Bracq gezeichneten Zweitürer markierten vor genau 50 Jahren nicht nur die Spitzenposition der Mercedes-Benz-Baureihe für Reiche und Mächtige.
Mission von 300 SE Coupé und Cabriolet war es auch, die Ersten unter den Besten aller luxuriösen Zweitürer zu sein und dies mit scheinbar bescheidenen Sechszylindern. Setzte doch die Konkurrenz fast konsequent auf klassische Achtzylinder als Ausdruck von Macht und Kraft. Hervorgegangen aus dem bereits 1961 vorgestellten 220 SEb wurden die beiden neuen Typen der Mercedes-Baureihe 112/3 von der Fachpresse tatsächlich sofort als „non-plus-ultra des modernen Automobilbaus“ gewürdigt. Vor allem aber eroberten sie mit insgesamt über 3.100 verkauften Einheiten in fünfjähriger Produktionszeit einen einzigartigen Bestsellerstatus in einem Segment, das bis dahin fast nur zwei- oder dreistellige Verkaufszahlen kannte.
AC, Alvis, Aston Martin, Bentley, BMW, Bristol, Cadillac, Facel Vega, Jensen und sogar Alfa Romeo (2600) und Lancia (Flaminia), der Reigen exklusiver Luxuscoupé-Marken war Anfang der 1960er Jahre so groß wie nie zuvor. Kein Wunder, war es doch eine Zeit des ungebrochenen Glaubens an Fortschritt durch Tempo und Technik. Vor 50 Jahren lief das Wirtschaftswunder noch auf vollen Touren und die Reichen und Mächtigen suchten nach neuen automobilen Statussymbolen, die Power als Programm hatten und die ebenso schnell wie schön waren. Neben noblen Limousinen bestimmten deshalb große Coupés und Cabriolets den Concours d’Elegance auf Boulevards von Metropolen wie München, Berlin, Paris oder London und erstmals sogar vereinzelt auf Direktionsparkplätzen großer Industriekonzerne. Höchste Zeit also für neue viersitzige Zweitürer mit dem Stern auf der Haube und Sonderklassen-Typenkennung „S“. Immerhin belegte Mercedes-Benz bereits seit den frühen Nachkriegsjahren eine Sonderstellung im Club der Luxuscoupé- und Luxuscabrio-Marken. Schon die Modelle 300 S und 300 Sc mit dem damals fast mystischen Zahlencode von Bundeskanzler Konrad Adenauers erster neuer Staatslimousine setzten ab 1951 den Auftakt für einen so noch nie da gewesenen Coupéboom. Innerhalb weniger Jahre zogen fast alle Luxusmarken mit offenen und geschlossenen Zweitürern der Oberklasse nach.
Starke Motoren und technische Innovationen sicherten Mercedes-Benz jedoch immer wieder einen Vorsprung, den sogar weit teurere Wettbewerber kaum einzuholen vermochten. Waren es zunächst die Einführung der Pontonkarosserie und die erstmalige Verwendung der Eingelenk-Pendelachse im 220 (1954), die elektronische Benzineinspritzung im 220 SE (1958) sowie die Sicherheitskarosserie mit patentierten Knautschzonen vorn und hinten und der Dreipunkt-Sicherheitsgurt im 220 SEb ab 1961, glänzte der 300 SE ein Jahr später mit Luftfederung sowie noch neuartiger Zweikreisbremsanlage mit Scheibenbremsen an Vorder- und Hinterrädern. Technische Innovationen, die einen Hauch Avantgarde in diese sonst eher von traditionellen Werten bestimmte Fahrzeugklasse [foto id=“411710″ size=“small“ position=“right“]brachten.
Avantgarde, die über Jahre aktuell blieb, sollte auch der Karosserieentwurf des französischen Kultstilisten Paul Bracq in das damals eher kurz- und schnelllebige Coupésegment bringen. Schon 1958 hatte der Daimler-Benz-Vorstand die endgültige Form für die zweite 220er Coupé- und Cabriolet-Generation freigegeben. Vorgestellt wurde die Baureihe mit dem Code W 111/3 im Jahr 1961 anlässlich der Neueröffnung des Mercedes-Benz-Museums, ein Jahr später ging aus dem W 111/3 die Serie W 112/3 hervor mit der Typenkennung 300 SE auf dem Kofferraumdeckel. Feine Flankenzierleisten und Chromornamente an Schwellern und Radläufen waren weitere optische Erkennungszeichen der 300-SE-Modelle.
Beherrschendes Stilelement aller S-Klasse-Coupés war der filigrane und lichte Dachaufbau mit rahmenlosen, voll versenkbaren Seitenfenstern und üppig dimensionierter Panoramafront- und Heckscheibe. Wurde das Coupédach in anderer Farbe als der Karosseriekörper bestellt, präsentierte sich der 300 SE wie ein Cabriolet mit abnehmbarem Hardtop. Das tatsächliche 300 SE Cabriolet verfügte dagegen über ein solides und gefüttertes Stoffverdeck und Karosserieversteifungen. Nur als Einzelstück entstand 1962 der Typ 300 SX: Ein Coupé, bei dem Mercedes den hinteren Dachabschluss durch ein Verdeck ersetzte und so ein seltsam aussehendes Landaulet kreierte.
Für einen stattlichen Auftritt von 300 SE Coupé und Cabriolet sowie ein großzügiges Platzangebot im Fond sorgte auch der 2,75 Meter messende Radstand. Die Gesamtlänge von 4,88 Metern deutete es schon an: Das üppige Format hatten die Zweitürer der Übernahme der Rahmenbodenanlage von der Heckflossenlimousine zu verdanken. Dagegen stammten technische Finessen wie die damals fortschrittliche Viergangautomatik und die Reihensechszylinder-Leichtmetallmotoren aus der 300 SE Limousine. Die 3,0-Liter-Maschine mit dem Typencode M 189 IV leistete 118 kW/160 PS, ab 1963 stellte das Triebwerk sogar 125 kW/170 PS Leistung bereit.
Je nach Hinterachsübersetzung erzielten Coupé und Cabrio damit Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 200 km/h, damals genug, um es mit allen anderen vergleichbaren Kalibern aufnehmen zu können. Selbst heute eher beschaulich wirkende Beschleunigungszeiten von 12 bzw. 13 Sekunden (manuelles bzw. automatisches Vierganggetriebe) für den Spurt auf Tempo 100 galten vor 50 Jahren noch als sportlich.
Schon die Basisversion der Baureihen W 111/3 und W 112/3, das 220 SEb Coupé war mit einem Preis von 23.500 Mark um mehr als die Hälfte teurer als die entsprechende Limousinen. Nochmals gut 10.000 Mark mehr verlangte Mercedes-Benz für die zweitürigen 300 SE, die damit ausgesprochene Understatementfahrzeuge für Technikliebhaber wurden, waren doch Chromleisten die einzigen äußeren Erkennungszeichen. Ihren relativen Markterfolg schmälerte das nicht: Mit insgesamt nur 2.430 Coupés und 697 Cabriolets besitzt der 300 SE zwar im Mercedes-Programm einen Exotenstatus, im Wettbewerbsumfeld sind diese Zahlen allerdings respektabel.
Für die Stuttgarter rechnete sich der 300 SE wahrscheinlich aber auch aus anderem Grund: Das zeitlose Design der Familie aus Oberklasse-Coupés und Cabriolets – es gab 220 SE, 250 SE, 280 SE, 280 SE 3.5 und 300 SE – überlebte mehrere Generationenwechsel der S-Klasse-Limousinen. Als im Sommer 1965 die Limousinen-Baureihe W 108 die Heckflossen-S-Klasse allmählich ablöste, blieben die Zweitürer weiter im Programm. Nur die wechselnden Motorisierungen waren wie Jahresringe.
Im September 1969 debütierten die Typen 280 SE 3.5 Coupé und Cabriolet als standesgemäße Nachfolger der bereits Ende 1967 ausgelaufenen 300-SE-Zweitürer. Erst die übernächste Limousinen-Generation der S-Klasse und der Mercedes SL/SLC der R-107-Reihe als Vorbote läuteten 1971 den Produktionsauslauf der mittlerweile klassischen Coupé- und Cabriolet-Baureihen ein. Zu dieser Zeit wirkten die Zweitürer mit einem Design aus den späten 1950er Jahren dann allerdings doch bereits betagt und angestaubt. Was aber ihre neue Karriere als gesuchte und hochdotierte Klassiker auf dem Youngtimermarkt eher beschleunigte, zumal das viersitzige Oberklasse-Cabriolet bis heute ohne Nachfolger blieb.
Ausgewählte Preise |
Mercedes 300 SE Coupé Automatic (1962): ab 32.750 Mark
Mercedes 300 SE Cabriolet Automatic (1962): ab 34.750 Mark Mercedes 300 SE Coupé mit manuellem Getriebe (1963): ab 31.350 Mark Mercedes 300 SE Coupé Automatic (1966): ab 33.350 Mark Zum Vergleich Baureihe W 111: Mercedes 220 SE Coupé (1962): ab 23.500 Mark Mercedes 250 SE Coupé (1965): ab 24.350 Mark Mercedes 280 SE Coupé (1968): ab 24.100 Mark Mercedes 280 SE 3.5 Coupé (1969): ab 30.636 Mark |
Wichtige Motorisierungen Baureihe W 112/3 und W111/3 |
300 SE (1962-1967) mit 3,0-Liter-(118 kW/160 PS bzw. ab Januar 1964 125 kW/170 PS)-Sechszylinder,
220 SEb (1961-1965) mit 2,2-Liter-(88 kW/120 PS)-Sechszylinder, 250 SE (1965-1967) mit 2,5-Liter-(110 kW/150 PS)-Sechszylinder, 280 SE (1968-1971) mit 2,8-Liter-(118 kW/160 PS)-Sechszylinder, 280 SE 3.5 (1969-1971) mit 3,5-Liter-(147 kW/200 PS)-Sechszylinder |
Chronik |
1958: Paul Bracq entwirft das Design für eine neue Coupé- und Cabriolet-Generation der S-Klasse
1959: Die Limousine 220 S der Baureihe W 111 wird vorgestellt. Das Konzept der schon 1952 von Béla Barényi bei Daimler-Benz entwickelten und patentierten Sicherheitskarosserie mit sogenannter Knautschzone und hochfester Fahrgastzelle geht hier erstmals in Serie, wird aber auch auf die neuen Coupés und Cabriolets der S-Klasse übertragen 1961: Erweiterung der W 111-Baureihe durch Coupé und Cabriolet. Presse-Präsentation des 220 SEb anlässlich der Neueröffnung des Mercedes-Benz-Werksmuseums im Februar. Auf dem Genfer Automobilsalon im März feiern die zweitürigen 220 SEb Weltpremiere 1962: Auf dem Genfer Salon feiern 300 SE Coupé und 300 SE Cabriolet ihr Weltdebüt. Nur ein Einzelstück bleibt der 300 SX in Landaulet-Ausführung. 1963: Ab März gegen Minderpreis in Höhe von 1.400 Mark mit manuellem Viergang-Getriebe bestellbar 1964: Im Januar Leistungssteigerung auf 125 kW/170 PS durch andere Einspritztechnik 1965: Ab August mit größeren Bremsscheiben und Rädern (14 Zoll, Bereifung 185 HR 14) analog zu den neuen S-Klasse-Limousinen der Baureihen W 108/109. Einführung von 250 SE Coupé und Cabriolet im September. Im Oktober Einstellung der 220 SEb-Modelle 1966: Preiserhöhung um 600 Mark für das Coupé 1967: Im Dezember Produktionsauslauf für 300 SE Coupé und Cabriolet und für die entsprechenden Versionen des 250 SE 1968: Im Februar Produktionsanlauf für 280 SE Coupé und Cabriolet 1969: Neues Spitzenmodell der Oberklasse-Coupés und Cabriolets wird im November der 280 SE 3,5 mit 147 kW/200 PS starkem 3,5-Liter-Sechszylinder 1971: Im Mai laufen die zweitürigen 280 SE aus, im Juli folgen die 280 SE 3,5. Auf dem Pariser Salon feiert die C 107-Reihe Weltpremiere. Die SLC-Coupés basieren auf der wenige Monate zuvor eingeführten SL-Reihe und treten die Nachfolge der SE-Coupés an. Die Cabriolets bleiben ohne Nachfolger |
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 28.03.2012 aktualisiert am 31.10.2020
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Gast auto.de
April 15, 2012 um 5:47 pm Uhrweiß ja nicht, was für ein journalisten-dilettant (vielleicht einer von freenet??) hier schreibt
>> 1969: Neues Spitzenmodell der Oberklasse-Coupés und Cabriolets wird im November der 280 SE 3,5 mit 147 kW/200 PS starkem 3,5-Liter-Sechszylinder