Maybach

Tradition: 90 Jahre Maybach – Das Beste ist nicht genug

Bescheiden war nur die Berliner Messepremiere für die ersten Maybach-Modelle vor 90 Jahren. Die luxuriösen Fahrzeuge standen eng aufgereiht unter einem schlichten Firmenschild; das musste genügen. Dabei sollte die Marke Maybach doch von Beginn an für Automobile mit einer technischen Finesse und Exklusivität stehen, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte. Genau das stellte der Unternehmensgründer und geniale Ingenieur Karl Maybach von Anfang an klar. Als ihn der Vorstand des Verband der Deutschen Motorfahrzeuge-Industrie im Jahr 1921 spöttisch fragte, ob er den billigsten Wagen des bevorstehenden Berliner Salons bringen werde, antwortete Maybach selbstsicher und stolz: „Nein, den teuersten!“.

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Damit knüpfte Karl Maybach an die Karriere seines Vaters Wilhelm Maybach an. Dieser hatte 1886 gemeinsam mit Gottlieb Daimler das weltweit erste vierrädrige Patent-Automobil in Fahrt gebracht und 1901 den Ahnherrn aller Mercedes gebaut. Gegenüber dem Geschäftsmann Emil Jellinek, der dieses erste moderne Automobil der Geschichte initiiert und nach seiner Tochter benannt hatte, äußerte Wilhelm [foto id=“395393″ size=“small“ position=“left“]Maybach selbstbewusst: „Ich und Sie sind die Erfinder des Mercedes-Wagens“. Bestätigt wurde Wilhelm Maybach in dieser Einschätzung, als ihn Frankreich mit dem Titel „Roi des constructeurs“ – König der Konstrukteure – adelte.

Wilhelms Sohn Karl wiederum wollte 20 Jahre später mit seinen Maybach-Modellen der automobilen Königsklasse die ultimative Krone aufsetzen, nachdem seit 1919 erste Versuchswagen und -motoren entstanden waren. Das Automobil, mit dem das Unternehmen Maybach-Motorenbau 1921 auf der Berliner Automobilausstellung überraschte, war der Typ W 3 (Wagen 3). Als erstes deutsches Serienauto verfügte der W 3 über Vierradbremsen mit Bremsausgleich. Vor allem aber wurde er beworben als „Maybach-Wagen ohne Schaltung“. Möglich machte dies die Drehmomentstärke des 5,7-Liter-Sechszylinders in Kombination mit einem angeblockten Umlaufrädergetriebe mit sogenannter Wechselkupplung.    

Synonym für Perfektion und Präzision

Tatsächlich wurde das Maybach-Markenzeichen des doppelten M (für Maybach-Motorenbau) schnell zum Synonym für Perfektion und Präzision, vor allem aber auch für selbstbewusste Preise. Legendär waren die exklusiven Repräsentationsfahrzeuge, die in direkter Konkurrenz zur Stuttgarter Staatslimousine „Großer Mercedes Typ 770″ standen: die bis zu 5,50 Meter langen Maybach 12/DS 7/DS 8 Zeppelin mit dem ersten [foto id=“395394″ size=“small“ position=“right“]serienmäßigen V-Zwölfzylindermotor für Pkw. Mitten in der Weltwirtschaftskrise lancierte Karl Maybach in den Jahren 1929 bis 1931 diese Motorenfamilie mit damals beeindruckenden Kennwerten von 6,9 bis 7,9 Liter Hubraum und bis zu 147 kW/200 PS Leistung.

Die konstruktive Basis für das Kraftwerk legten Maybach-Luftschiffmotoren aus dem Zeppelinbau. Dort engagierten sich Wilhelm und Karl Maybach seit 1909 mit ihrer Luftfahrzeug-Motorenbau Gesellschaft, die mit dem Luftschiff-Unternehmen des Graf Ferdinand von Zeppelin kooperierte. Die Geräuscharmut und Geschmeidigkeit der potenten Zwölfzylinder im Auto, Modell Zeppelin, begeisterte die Kritiker der Fachpresse damals ebenso wie die Kunden. Bemerkenswert war der relativ beachtliche Verkaufserfolg der Zeppelin-Typen DS 7 (DS steht für Doppel-Sechs) und DS 8: Insgesamt wurden 183 Einheiten verkauft, während Daimler-Benz nur 119 „Große Mercedes“ absetzte.   

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Auch sonst brachten es die Maybach-Automobile dank innovativer Technik und individueller Karosserien renommierter Spezialisten wie Spohn (Ravensburg), Kellner (Berlin), Gläser (Dresden), Auer (Stuttgart) und Erdmann & Rossi (Berlin) unter Kennern schnell[foto id=“395396″ size=“small“ position=“left“] zu einem außergewöhnlichen Nimbus, der neben Filmstars und Industriellen auch gekrönte Häupter und Maharadschas begeisterte. Wie bei fast allen anderen Luxusmarken aus diesem sogenannten „Goldenen Zeitalter des Automobils“ war jeder Maybach ein individuell komponiertes Kunstwerk, bei dem nur die Phantasie und die Finanzkraft der Käufer die Grenzen des Machbaren setzten. Kostspieligster Maybach wurde eine Limousine mit Gold- und Rubinornamenten, für die 1928 nicht weniger als 186.000 Reichsmark berechnet wurden – dies entsprach in etwa dem Kaufpreis von fünf Supersportwagen des neuen Typs Mercedes-Benz SSK oder 125 Einheiten des legendären Kleinwagens BMW Dixie. Insgesamt entstanden bis zur kriegsbedingten Produktionseinstellung im Jahr 1942 kaum mehr als 1.800 Maybach-Fahrzeuge. Und dennoch: Trotz aller technischen Finesse, für die dem Unternehmer und Konstrukteur Karl Maybach das Beste nie genug war, errang die Marke nicht den unvergänglichen Mythos mancher Wettbewerber.

Vielleicht lag es einfach daran, dass sich in jenen Jahren zwischen den Weltkriegen zu viele Luxus-Marken um die Gunst der Reichen und Schönen und vor allem der Mächtigen bemühten. Allein in Deutschland kämpften Maybach, Mercedes und Horch um Käufer aus dem Club der Millionäre, hinzu kamen über 20 Prestigemarken aus anderen Ländern. Nie war automobiler Luxus glanzvoller, nie war die Welt kostspieliger Marken größer. Trotzdem nahm die Erfolgskurve nicht weniger Unternehmen einen kometenhaften Verlauf. Auf eine oft nur kurze Periode des Glanzes folgte der Absturz in Konkurs oder Untergang. Selten entstand aus dem Sternenstaub später ein neuer strahlender Himmelskörper, der wieder [foto id=“395397″ size=“small“ position=“right“]als Fixstern am Firmament der Luxusmarken leuchtete. Für die Automobilmarke Maybach endete die nur 20 Jahre währende Geschichte mit dem Auslaufen des Typs SW 42 mit innovativer Einzelradaufhängung und 103-kW/140-PS-Motor mitten im Zweiten Weltkrieg.

Nach Kriegsende wurde bei der Maybach-Motorenbau die Fahrzeugsparte als unlukrativer Zweig der Produktionspalette nicht wieder belebt. Der Großdieselhersteller für Schiff und Bahn fusionierte 1966 mit der Mercedes-Benz Motorenbau zur Maybach Mercedes-Benz-Motorenbau. Drei Jahre später wurde das Unternehmen in Motoren- und Turbinen-Union Friedrichshafen (MTU) umbenannt. Damit war der Name Maybach scheinbar endgültig Historie. Dann die Überraschung: Wenige Wochen bevor Konzernlenker Ferdinand Piech für die Volkswagen-Markenwelt Bentley und vorübergehend auch Rolls-Royce übernehmen konnte, wollte Mercedes-Benz im Jahr 1997 die Automobilgeschichte von Maybach wieder zum Leben erwecken. Dazu debütierte auf der Tokyo Motor Show die Mercedes-Benz-Studie Maybach. Fünf Jahre danach wurde Maybach mit den Repräsentationslimousinen 57 und 62 als eigenständige Marke revitalisiert.

Bis zu 1.000 Einheiten pro Jahr wollte Jürgen E. Schrempp, der Chef der damaligen DaimlerChrysler AG, vom exorbitant teuren Konzernflaggschiff, das übrigens auf der profanen Mercedes-Benz S-Klasse basierte, weltweit verkaufen. Ein Traum, der sich nie realisierte. [foto id=“395398″ size=“small“ position=“left“]Bekanntheit und Strahlkraft der Marke Maybach hatten sich in den vergangenen Jahrzehnten verflüchtigt und konnten auch nicht zurückgewonnen werden durch spektakuläre Fahrzeugpremieren etwa auf dem legendären Oceanliner Queen Elizabeth II oder extraschnelle Coupéstudien, wie den exzentrischen Exelero. Zuletzt wurden in der eigens errichteten Manufaktur jährlich nur noch etwa 200 Einheiten der mindestens 405.000 Euro teuren Limousinen gebaut. Wenn 2013 das letzte Exemplar mit der Typenziffer 57 oder 62 aus den Hallen der Maybach-Manufaktur rollt, steht eine neue Generation der Mercedes-Benz S-Klasse in Pullman-Ausführung in den Startlöchern, um die Thronfolge zu übernehmen und die automobile Extraklasse nicht gänzlich den Marken Bentley und Rolls-Royce zu überlassen. So wie vor 60 Jahren, als der Mercedes-Benz 300 „Adenauer“ die Maybach-Limousinen beerbte. Das Beste an Luxus ist eben nur genug, wenn die Rentabilität stimmt.

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Modellhistorie 90 Jahre Maybach

Chronik

1882: Gottlieb Daimler gründet die spätere Daimler-Motoren-Gesellschaft in Cannstadt. Wilhelm Maybach folgt ihm. Gemeinsam konstruieren sie die ersten vierrädrigen Patent-Fahrzeuge mit schnell laufendem Verbrennungsmotor

1900/1901: Wilhelm Maybach konstruiert das erste moderne Automobil mit Bienenwabenkühler, Zahnradgetriebe und sehr tiefem Schwerpunkt, das nach der Tochter des Kaufmanns Emil Jellinek „Mercedes“ genannt wird

1908: Gemeinsam mit Sohn Karl beginnt Wilhelm Maybach die Konstruktion von Luftschiffmotoren für Ferdinand Graf von Zeppelin

1909: Gründung der Luftfahrzeug-Motorenbau GmbH in Bissingen unter Leitung von Karl Maybach

1919: Karl Maybach produziert den Versuchswagen W 1 auf einem Mercedes-Chassis

1920: Die niederländische Luxusmarke Spyker storniert eine Bestellung über 1.000 Maybach-Motoren des Typs W 2 teilweise. Karl Maybach entschließt sich, selbst Autos zu produzieren, um die von Spyker nicht abgenommenen W-2-Motoren abzusetzen

1921: Das erste Maybach-Serienfahrzeug debütiert als Typ W 3 auf der Berliner Automobilausstellung

1926: Vorstellung des Typs W 5 mit 7,0-Liter-Sechszylinder-Reihenmotor  

1929: Einführung des Maybach 12 als erstes deutsches Serienfahrzeug mit V12-Triebwerk

1930: Neues Spitzenmodell DS 7 (DS für Doppel-Sechs) Zeppelin mit V12-Motor. Einführung des Typs DSH (Doppel-Sechs-Halbe) mit Sechszylinder-Motor

1931: Verkaufsstart für den DS 8 Zeppelin mit V12-Triebwerk. Neuer Sechszylinder wird der W 6, den es ab 1934 mit einem Doppelschnellganggetriebe gibt

1935: Produktionsstart für den sogenannten Schwingachswagen SW 35 mit 3,5-Liter-Sechszylinder

1936: Der SW 38 mit 3,8-Liter-Sechszylinder geht in Serie

1939: Als vorläufig letzter neuer Maybach geht der SW 42 an den Start

1941: Kriegsbedingte Produktionsunterbrechung  

1945: Wiederaufbau des Werks, zuerst als Reparaturwerkstatt für Automobile, danach als Werk für große Dieselmotoren

1997: Auf der Tokyo Motor Show präsentiert Mercedes-Benz die Studie Maybach

2002: Weltpremiere für die neuen Maybach-Zwölfzylinder-Limousinen noch ohne Typenkennung auf dem Genfer Salon. Am 23. Mai startet der Vorverkauf für den Maybach 57 zu Preisen ab 310.000 Euro und für den Maybach 62 zu Preisen ab 360.000 Euro. Publikumspremiere auf dem Atlantik-Liner Queen Elizabeth II und in einem New Yorker Ballsaal. Markteinführung im Oktober

2005: Mit dem Coupé-Prototypen Exelero durchbrechen Maybach und Fulda die 350-km/h-Schnellmauer

2010: Karossier Xenatec präsentiert ein Maybach Coupé, das zu Preisen ab 800.000 Euro in Serie gehen soll. Dann jedoch geht der Karosseriebauer in Konkurs. Im Mai erhalten Maybach 57 und 62 eine Modellpflege

2013: Die Marke Maybach wird erneut eingestellt

Ausgewählte Produktionszahlen

Maybach W 1 (1919): 1 Prototyp

Maybach W 3 (ab 1921): 305 Einheiten

Maybach W 5 (ab 1926): 248 Einheiten

Maybach DS 7 und DS 8 Zeppelin (ab 1930): 183 Einheiten

Maybach DSH (ab 1930): 34 Einheiten

Maybach W 6 (ab 1931): 90 Einheiten

Maybach SW 35 bzw. SW 38 (ab 1935 bzw. 1936): 707 Einheiten

Maybach SW 42 (ab 1939): 133 Einheiten

Maybach 57/62 (ab 2002): ca. 3.000 Einheiten

Wichtige Modelle und Motorisierungen

Maybach W 3 (ab 1921) mit 5,7-Liter-(51 kW/70 PS)-Sechszylinder-Motor

Maybach W 5 (ab 1926) mit 7,0-Liter-(88 kW/120 PS)-Sechszylinder-Motor

Maybach DSH (ab 1930) mit 5,2-Liter-(96 kW/130 PS)-Sechszylinder-Motor

Maybach DS 7 Zeppelin (ab 1930) mit 7,0-Liter-(110 kW/150 PS)-V12-Motor

Maybach DS 8 Zeppelin (ab 1931) mit 7,0-Liter-(147 kW/200 PS)-V12-Motor

Maybach W 6 (ab 1931) mit 7,0-Liter-(88 kW/120 PS)-Sechszylinder-Motor

Maybach SW 35 (ab 1935) mit 3,5-Liter-(103 kW/140 PS)-Sechszylinder-Motor

Maybach SW 38 (ab 1936) mit 3,8-Liter-(103 kW/140 PS)-Sechszylinder-Motor

Maybach SW 42 (ab 1939) mit 4,2-Liter-(103 kW/140 PS)-Sechszylinder-Motor

Maybach 57/62 (ab 2002) mit 5,5-Liter-(405 kW/550 PS)-V12-Motor bzw. mit 6,0-Liter-(463 kW/630 PS)-V12-Motor

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