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Werbung ist nicht das wahre Leben. Das weiß jeder, der schon einmal eine Zeitschrift durchgeblättert hat. Andererseits ist ein „werbefreies“ Leben heute nicht mehr vorstellbar. Und: Wie kaum ein anderer Lebensbereich gibt die Reklame Rückschlüsse auf uns selbst – unsere Wünsche, Bedürfnisse und Vorstellungen.
In den 80er Jahren war die Autowelt zumindest in der amerikanischen Werbung noch in Ordnung. In den USA haben die Automobilhersteller zu dieser Zeit auf Bilder von Freiheit und Abenteuer gesetzt: beispielsweise auf Pferde, die wild und frei durch die Prärie galoppieren, während ein Cowboy vor seinem Pick-up posiert und einen wohlwollenden Blick auf die ihm anvertraute Herde wirft. Ganz anders die zeitgleich in Deutschland erscheinenden Anzeigen: Sie zeigen eher die technische Seite des Autos: „kalte“ Faktoren wie Funktionalität, Konstruktionsweise, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Aber warum das so [foto id=“329711″ size=“small“ position=“left“][foto id=“329712″ size=“small“ position=“left“]ist? Dieser Frage ist jetzt eine Wissenschaftlerin von der TU Dortmund im Rahmen ihrer Doktorarbeit nachgegangen. Und der systematische Vergleich von 762 deutschen und amerikanischen Automobilanzeigen der Jahrgänge 1980/1981 und 2005/2006 hat erstaunliches zu Tage gefördert.
Demnach bilden amerikanische Anzeigen in erster Linie Automobilitätskonzepte ab, „die sich in vielerlei Hinsicht an einer zum Mythos gewordenen Pionierzeit orientieren. Sie betonen häufig Größe, Kraft und Geländegängigkeit. Der Autofahrer wird so selbst zum Abenteurer“, sagt Dr. Bettina Temath, die Autorin der Studie.
Anders das Autobild in den deutschen Magazinen: Hier werden selbst Geländewagen fast immer auf der Straße abgelichtet, der „Maschinencharakter“ stehe im Vordergrund, so Temath. Das zeigt sich besonders gut in der Namensgebung: So benennen amerikanische Hersteller ihre Marken und Modelle mit Vorliebe nach wilden Tieren, Indianern und Entdeckern wie etwa „Eagle“, „Pontiac“ oder „De Soto“. In Deutschland dagegen tragen die Autos eher nüchterne, abstrakte Bezeichnungen wie „Audi A8 3.2 FSI quattro“. Und auch Peugeot setzt bei seinem modischen Stahlklappdach-Coupé auf die eher sperrige Zeichenkombination „308 CC“. Auch Motorspezifikationen wie „120 VTi“ für den 88 kW/120 PS-Basisbenziner der Franzosen machen den Buchstabensalat nicht besser. Generell werden Fahrzeuge hierzulande laut Analyse der Autorin gerne in steriler Studio-Kulisse „als technisch-wissenschaftliche Attraktion inszeniert, die der Fahrer kühl kontrolliert“. [foto id=“329713″ size=“small“ position=“right“]
Inzwischen scheinen sich diese beiden Autowelten allerdings anzugleichen. Kulturelle Unterschiede, so das Ergebnis der Auswertung der aktuellen Anzeigen, gehen immer weiter zurück zugunsten einer visuellen, global gültigen und emotionalen „Lifestyle“-Präsentation von Fahrzeugen. Dazu gehört auch der Einsatz von prominenten Gesichtern als Markenbotschafter. So sind bei Mercedes bis vor kurzem Rennfahrer Mika Häkkinen und Ex-Tennis-Star Boris Becker in einem Werbespot um die Wette gefahren. Für Opel trällert Grand Prix-Siegerin Lena Meyer-Landrut in ihrem aktuellen Video am Steuer eines betagten Kadett ihren Hit „New Day“ und bewirbt auf Fotos den aktuellen Kleinwagen Corsa. Nur durch die Prärie reitet in seinem Pick-up heutzutage kein Mensch mehr. Wie sich doch die Zeiten ändern – und die Werbung mit ihnen.
geschrieben von auto.de/(mah/mid) veröffentlicht am 04.11.2010 aktualisiert am 04.11.2010
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