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Ronny Kauerhof — Wenn ein mechanisches Herz in Jörg Kresses Brust schlüge, wäre es ein V8-Antrieb. So ein Motor steckte in seinem ersten Tatra. Bereits zu Zeiten, in denen Autos in seiner Leipziger Heimat noch Kapitalanlagen waren, baute er den Tatra 603 vom Rahmen angefangen komplett neu auf. Seitdem liebt der gelernte Kfz-Schlosser große Autos. Auch Wolgas aus dem zentralrussischen Nischni Nowgorod hatten es dem Autonarren vor der Wende angetan
[foto id=“450281″ size=“small“ position=“left“]Nach dem Mauerfall und entgegen der pessimistischen Grundstimmung in einer Region, in der viele Menschen ihre berufliche Perspektiven verloren, eröffnete er 1992 eine Kfz-Werkstatt. Zusammen mit seinem Vater spezialisierte er sich in Joes Garage auf »Amis«, wie er liebevoll die Autos aus Übersee nennt. Mit den Genen des Vaters erbte er auch dessen technisches[foto id=“450282″ size=“small“ position=“left“] Geschick, so vermutet Kresse.
Das erste Schmuckstück, das er sich zu dieser Zeit leistete, war ein 79er Pontiac Grand Prix. Wieder arbeitete ein V8-Herz unter der Haube des 5,13 Meter langen Geschosses. Jörg Kresses Augen funkeln, wenn er von seiner ersten US-Liebe berichtet. Von so einer Ausstattung konnte man damals nur träumen. [foto id=“450283″ size=“small“ position=“right“]Er schwärmt von der Klimaanlage, dem Automatikgetriebe sowie den elektrisch verstellbaren Sitzen und Fensterhebern. Damals, so sagt er, mussten diese Extras selbst in neuen Fahrzeugen teuer erkauft werden.
Da die Reparatur amerikanischer Schlitten anfangs nur schleppend anlief, erweiterte er sein Geschäft um den Import von Autos aus den USA. Über das Meer erreichten die Wagen in Containerschiffen die Häfen in Amsterdam oder Rotterdam. Die Kosten dazu beziffert er damals wie heute auf 1.000 bis 2.000 Euro pro Container. Da passen jeweils zwei Stahlkolosse rein.
Die richtige Auswahl trifft er seit 1994 zumeist allein. Dazu reist Jörg Kresse nach Amerika, wo er vor Ort die Fahrzeuge begutachtet. Auch der Ersatzteilhandel konnte über diesen direkten Weg befruchtet werden. Heute hat er in diesem Bereich feste Partner.
[foto id=“450284″ size=“small“ position=“left“]Nach ersten Medienberichten über die ungewöhnliche Leidenschaft des Leipzigers wuchs der Bekanntheitsgrad über die sächsischen Grenzen hinaus. Nach und nach vergrößerte er seinen Kundenstamm. Insgesamt hat es etwa zwei Jahre gedauert, ehe das Geschäft richtig brummte. Bis heute kommen Autofreunde mit ihren Schmuckstücken von Berlin bis Bayern und Hessen nach Leipzig.
Doch mit dem Erfolg wurde erstmals auch die langfristige Strategie der Werkstatt überdacht. Vater und Sohn hatten unterschiedliche Vorstellungen, deshalb gingen sie getrennte Wege. Joes Garage wurde vom Vater weitergeführt, während sich Jörg Kresse mit seinem neuen Laden Miami Cars als Importeur einen Namen machte. Zu dieser Zeit lebte er zeitweise in den USA.
[foto id=“450285″ size=“small“ position=“left“]Fast zusammengebrochen sei die US-Cars-Szene um die Jahrtausendwende, als der Benzinpreis nach Einführung der Ökosteuer in Rekordhöhen schnellte. Jörg Kresse hielt sich in dieser Zeit mit Reparaturen in Deutschland gängiger Modelle über Wasser. In den vergangenen vier Jahren blühte das Geschäft mit den Autos aus Amerika wieder auf. Besonders das Oldtimersegment fand viele Liebhaber. Die Jahrgänge zwischen 1940 und 1970 stehen auf den Wunschlisten der Sammler ganz oben. Im Gegensatz dazu sind die Wagen der Siebziger und Achtziger bei Cress Performance L.E., wie Kresses Autosalon mittlerweile heißt, nicht mehr die absoluten Verkaufsschlager. Aber nicht nur die Autos der Nachkriegszeit finden ihre Abnehmer. Auch die Modelle der Neunziger und die Neuwagen werden nachgefragt.
[foto id=“450286″ size=“small“ position=“left“]Wenn es um den Einkauf von Autos geht, kann er sich auf seine langjährige Erfahrung verlassen. In den USA nimmt er die Fahrzeuge genau unter die Lupe. Denn was vor Ort noch wie ein Schnäppchen wirkt, entpuppt sich unter den Augen des Fachmannes für Karosseriebau und Motoraufbereitung schnell als reparaturbedürftig oder schrottreif. Oft seien die Oldtimer bei amerikanischen Händlern in einem äußerlichen Topzustand. Doch während in Deutschland bei der Restaurierung pingelig auch aufs kleinste Detail geachtet wird, kann das nicht von jedem Autoaufbereiter in den Staaten gesagt werden. Am Beispiel eines Dodge Charger erklärt er, wie ein Kunde mit einem auf eigene Faust gekauften Wagen bei ihm Hilfe suchte. Schnell waren die beim Kauf gesparten 10.000 Euro für Reparaturen ausgegeben, weil der Rahmen des Autos völlig durchgefault war. Die komplette Neuaufbereitung des Vorderbau dauerte außerdem ein halbes Jahr.
[foto id=“450287″ size=“small“ position=“right“]Auch Kresse musste am Anfang seiner Karriere als Restaurator Lehrgeld zahlen. Damals gab er Kunden schon mal ein Datum der Fertigstellung einer Reparatur mit auf den Weg. Heute macht er das nicht mehr, da immer wieder unvorhersehbare Probleme diesen Termin hinauszögern können. Zur Zeit steht ein Chevrolet Camero in seinem Showroom, der nach dem Einbau des Innenlebens im März wieder komplett sein wird. Ein Jahr hatte Kresse das Auto dann unter seinen Fittichen.
[foto id=“450288″ size=“small“ position=“right“]Aber an so großen Projekten arbeitet er nicht allein. Viele Gewerke sind involviert. Vorderachse und Hinterachse sind herzurichten, es muss geschweißt, gepolstert und lackiert werden, der Motor ist zu tunen oder komplett aufzubereiten. Bis 2011 stand Tuning nicht im Vordergrund der Arbeiten. Kresse wollte die Autos möglichst originalgetreu wieder aufbauen. Erst die Funktionalität beim Tuning konnte ihn überzeugen. Zumeist sind es Umbauten wie die Lufthutzen, mit denen leistungsstarke Motoren amerikanischer Fahrzeuge effektiv gekühlt werden, und die zugehörigen Spoilerarbeiten, die dem Wagen den letzten Schliff geben.
[foto id=“450289″ size=“small“ position=“left“]Lange hat er die passenden Partner gesucht, mit denen er den kreativen Prozess ohne Reibereien durchlaufen kann. Schließlich will Kresse seine Ideen möglichst schnell in die Realität umsetzen. Wenn die Bastler dann noch auf der gleichen Wellenlänge liegen, führt das zu besseren Ergebnissen. Das Schwierigste ist dabei die Koordination des Gesamtprojekts. Teile müssen bestellt, Termine mit Lackierer und Sattler abgestimmt werden. Bis zu zehn Leute arbeiten an einem Auto. Kresse selbst kümmert sich um Motor und Karosse.
[foto id=“450290″ size=“small“ position=“left“]Sorgenfalten ziehen sich über das Gesicht von Kresse, wenn er über Fernsehsendungen wie »Pimp My Ride« spricht. Da sei vieles einfach nicht möglich. Manche Autos des kalifornischen Tunerteams West Coast Customs seien mit Pappe modelliert worden, um für einen kurzen Moment einen visuellen Höhepunkt im Fernsehen zu erzeugen.
Die Restaurierung alter Fahrzeuge ist nicht nur zeitintensiv. Detailverliebtheit hat auch seinen Preis. So zahlte Kresse für ein illuminiertes Zeichen am Handschuhfach eines Buick 500 Dollar. Das teuerste Projekt war eine Corvette C3. Damit das Auto wieder wie neu vom Hof fahren konnte, steckte er 40.000 Euro in alle Arbeiten. Dann hieß es, sich zu trennen, denn nach dem Geschäft ist vor der nächsten Herausforderung. Wie ein kleines Kind freut er sich dann, einen weiteren Traum zu leben. Als nächstes möchte er gern einen Hummer H2 umgestalten.
[foto id=“450291″ size=“small“ position=“right“]Doch während in Deutschland SUVs angesagt sind, besinnen sich die Amerikaner bereits wieder auf ihre Muscle-Cars. Neu aufgelegt werden Autos wie Dodge Charger (LX Limousine seit 2005) oder Dodge Challenger. Seit Anfang 2012 ist der Challenger SRT8 392 mit einem 6,4-Liter Hemi-V8 mit 470 PS verfügbar. Auf dem Oldtimermarkt sind solche Trends nicht auszumachen. Da hat laut Kresse jeder seinen Spleen. Während es für die einen eine Corvette sein muss, wollen andere einen Pickup aus den Fünfzigern. Und Kresse schwelgt in diesen alten Zeiten. Da sei jeder Lichtschalter formvollendet und mit seinen Gravuren ein Meisterwerk gewesen.
Deshalb kann er auch nicht verstehen, warum es bei der TÜV-Abnahme Probleme mit roten Blinklichtern gibt. Autos ab Baujahr 1972 benötigen eine Ausnahmegenehmigung. Lange hat er bei Dekra und TÜV Sachverständige gesucht, die sich ernsthaft mit der Materie auseinandersetzen und nicht von vornherein amerikanische Oldies aufs Abstellgleis schieben wollten.
[foto id=“450292″ size=“small“ position=“right“]Für Kunden, die ihr Schmuckstück aus der Garage heraus als Oldtimer zulassen möchten, schleppt er die Autos auf dem Hänger eines Jeep Grand Cherokee standesgemäß zur Vorbereitung in seine Werkstatt. Natürlich ist der Jeep getunt, mit Lufthutzen versehen und neu lackiert.
Für einen ersten Kundenkontakt fährt er oft im Juli auf das größte Treffen für amerikanische Autos in Västerås, Schweden. Hier können bis zu 17.000 US-Cars bewundert werden. In Deutschland sind für ihn die Treffen in Hannover, Berlin und Hamburg wichtig.
Und während seine Geschosse im neu gebauten Showroom noch Winterschlaf halten, träumt Jörg Kresse von Geld im Überfluss. Dann würde er sich seinen Platz mit Autos vollstellen. Bis dahin freut er sich über jeden neuen Ami, den er auf den Straßen der Messestadt sieht.
geschrieben von Ronny Kauerhof veröffentlicht am 21.01.2013 aktualisiert am 21.01.2013
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