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Auch wenn die Automobilhersteller zunehmend ihre Angebotskataloge mit Original-Zubehör und -Nachrüstteilen aufplustern wie beispielsweise BMW mit seinem M Performance-Zubehör, so geht es der Nachrüster- und Zubehör- Industrie trotzdem nicht schlecht. Ein Blick auf die Trends der „Tuning World“ in Friedrichshafen bestätigt es. Allerdings beobachten Branche und Fans den demographischen Wandel mit Sorge und ebenso auch die technischen Veränderungen unter den Hauben moderner Autos. Abgekapselte Motoren oder komplexe elektronische Steuerungen errichten quasi unüberbrückbare Hürden vor dem selbst engagierten „Schrauber“-Hobby. Die Tuningszene unterzieht sich deshalb gerade mal wieder einem Wandel.
Heute bestimmt die Szene nicht mehr der jugendliche Autofan, der sich und sein Auto mit Flügelwerk, breiten „Pellen“, auffälligen Felgen und grellen Farben sowie Airbrush auf der Lackierung von der Masse abheben will. Inzwischen gewährleisten die in die Jahre gekommenen „Freaks“ der Generation „50 plus“ mit zunehmend mehr Freizeit und Geld für die immer noch üppigen Umsätze der Branche. Dieses Klientel steht allerdings weniger auf optischer Show. Ihm geht es weniger um ein auffallendes Äußeres, sondern vielmehr um Luxus pur und exquisite Verarbeitung. „Individualität, die auf den zweiten Blick auffällt“, erläutert Szene-Journalist Martin Santoro die neue Entwicklung und ergänzt: „Klar, die Tieferlegung und die großen Räder – bis zu 21 Zoll sind heute drin – ist nach wie vor ein Muss. Die Chrom-Ära ist aber ebenso passé wie die Zeit der kunterbunten Villen. Gedeckte Töne sind angesagt, allenfalls die Felgen strahlen in frischem Kontrast.“ Aber eine alte Tugend des Tunings gilt nach wie vor. Nämlich die Steigerung der Performance nach dem ewig gültigen Lehrsatz: „Leistung kann es nie genug geben!“
Nach Einschätzung des Experten ist auch die Jugend am Steuer dezenter geworden. Für diese Gruppe gelten meist nur noch die drei F: Felgen, Fahrwerk, fertig. Martin Santoro: „Das ist das sogenannte low-budget-tuning“. Dies etabliert sich beinahe zwangsläufig, da Eingriffe im Motorraum immer diffiziler werden. Dazu kommen geografische Verschiebungen. Junge Leute aus dem städtischen Umfeld im Westen wenden sich immer mehr vom Tuning ab, während im Osten das Schrauben als Ausdruck idenditätsstiftender Improvisationskunst weiterlebt.
Ein Blick über den Großen Teich in die USA, wo viele Trends, vor allem im Tuning ihren Anfang haben, aber auch in manch eine leidenschaftlich aufgebaute Heimwerkstatt, verdeutlichen noch eine andere Entwicklung: Nämlich hin zu Fahrzeugen, die nicht „totrestauriert“ werden, sondern Pattina bis zur großflächigen Roststelle offen zur Schau tragen dürfen, während unter der Haube und im Innenraum feinste Technik das Herz höher schlagen lassen. Die Amerikaner nennen das „Rat-Look“, was sich einfach nicht eindeutschen lässt. Ein sogenanntes „Rat-Car“ oder ein „Rat-Rod“ zeichnen sich durch eine mit akribischer Hingabe vernachlässigte Karosserie aus, die sich über eine technische Basis spannt, welche in punkto Zustand und Performance keine Wünsche offen lassen sollte. Mit einem „Rat-Car“ ein modernes Fahrzeug der Oberklasse beim Überholen ganz korrekt „abledern“, gilt als der letzte Kick der Szene. Das wird sich künftig auch unter den Tuning-Freaks aus dem Land der Autoerfinder immer lauter herumsprechen.
geschrieben von auto.de/(ag/mid) veröffentlicht am 25.04.2012 aktualisiert am 25.04.2012
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