Trendstudie entwirft Zukunftsformel für die Autoindustrie

Wie soll es weitergehen? – Nicht allein die Frage, welche alternativen Antriebe künftig wohl zuerst das Rennen machen werden, beschäftigt die Autobranche. In der Luft liegt, dass es mit der Hinwendung zu neuen Antriebeskonzepten auch manche Veränderung in gewachsenen Zuliefererstrukturen geben wird.

Einerseits verlieren dort traditionelle Geschäftsfelder an Bedeutung, andererseits entsteht und wächst Bedarf der Automobilindustrie an völlig neuen, zukunftsträchtigen Technologien. Eine Trendstudie der Brunel Car Synergies GmbH und des Marktforschungsunternehmens Lünendonk GmbH widmet sich der neuen Situation der Autobranche. Die Kernaussagen der Studie wurden jetzt im Bochumer Opel-Werk vorgestellt.

Mit der reichlich verzwickten Lage der Autobranche, mit aufgekommenen Zwängen, fortdauernden Risiken, aber auch mit neuen Chancen und Zielen der Automobilhersteller und Zulieferer beschäftigt sich nun auch eine Trendstudie näher, nachdem das Thema seit vielen Monaten den Medien gehört. Wohin die automobile Reise fortan geht, ist noch immer nicht so recht auszumachen.

Zutreffend dürfte der Schluss sein, den die Studie zieht: Ein Umdenken in Richtung fortschrittlicherer Technologien sei zwingend notwendig. Innovation aber ließe sich heute allein mit neuen Geschäftsmodellen und leistungsfähigen externen Partnern aus dem Technologie- und Engineeringsektor erreichen, urteilt der Leiter der Studie, Thomas Lünendonk. Ingenieurdienstleister könnten einen wesentlichen Teil zum künftigen Erfolg der Automobilindustrie beitragen.

Die Brunel Car Synergies GmbH – internationaler Dienstleister der Automobilbranche – sieht sich mit den aktuellen Entwicklungen unmittelbar konfrontiert. Drängende unternehmerische Maßnahmen, die sich von der Studie ableiten lassen, seien in Unternehmen der Automobilbranche zum Teil schon Praxis. Oder sie würden weiter vertieft. Vor allem mit Blick auf neue Technologien seien partnerschaftliche Allianzen sinnvoll. Auf diese Weise ließe sich am Markt weiter erfolgreich agieren. Solche Vorgehensweise gebe es bereits beim Testen von Lithium-Ionen-Batterien.

Den letzten Stand des Geschehens in der Autobranche gegen Ende 2009 kann die Studie verständlicherweise nicht berücksichtigen. Die eine oder andere Aussage – etwa der Rückgang der globalen Automobilproduktion und der Kfz-Neuzulassungen oder der schon 2008 einsetzende zwölfprozentige Absatzrückgang von Luxuswagen in Deutschland – basiert auf dem Ist-Stand von 2008/2009. Zutrifft das auch für die Feststellung, dass die Abwrackprämie den Verkauf von Kleinwagen – „Stand März 2009“ – um vier Prozent angehoben habe. Bekanntermaßen hat es von März bis heute wahre Anstürme an den Pkw-Neuwagenfronten gegeben, die alle Erwartungen übertrafen.

Auch manch andere Passage der Studie läuft inzwischen gewonnener allgemeiner Erkenntnis gewissermaßen hinterher, beispielsweise wenn es heißt, die verstärkte „Kaufzurückhaltung von Konsumenten durch die Einführung neuer Emissionsgesetze und die anhaltende Forderung nach alternativen Antriebssystemen“ habe „oftmals Produktionsverringerungen, Kurzarbeit und verlängerte Werksferien zur Folge“. Wer weiß das nicht! Schließlich quellen die Medien seit vielen Monaten über von derart bedrückenden Botschaften.

Die von Lünendonk durchgeführte Untersuchung stützt sich auf zehn ausführliche Interviews. Die Befragten stammen aus dem klassischen Zulieferermarkt – etwa Modullieferanten und Halbleiterproduzenten – und aus dem Entwicklungsdienstleistungs- bzw. Beraterbereich. Aktuell am meisten belasteten die befragten Unternehmen die dramatischen Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Auch das kann nicht wirklich überraschen.

Die Studie fasst zusammen: Aufträge werden kurzfristig storniert oder ausgesetzt, Budgets gekürzt, Preise gedrückt. Ungünstige Wechselkurse verschärfen den Wettbewerb. Hohe Rohstoffpreise (trotz einer derzeit moderaten Situation) führen zum Lieferantensterben, weil die hohen, meist kostspieligen Innovationsanforderungen bestehen bleiben.

Trotz der Wirtschaftskrise hofften die meisten Unternehmen aber auf einen positiven Geschäftsverlauf mit Umsatzwachstum, globaler Markterschließung und Expansion in neue Märkte beziehungsweise Marktsegmente. „Im Automotive-Markt stehen Innovationen wie alternative Antriebsprozesse und Fahrerassistenzsysteme im Fokus. Parallel zu den konjunkturellen Turbulenzen bahnt sich also eine technologische Zeitenwende in der Automobilindustrie an.“

Dass der typische Verbrennungsmotor langfristig durch Hybrid– oder Elektroantriebe ersetzt beziehungsweise ergänzt werden soll, dafür sieht die Studie im Wesentlichen zwei Gründe:

Erstens soll im Zuge des Klimawandels der CO2-Ausstoß neuer Pkws auf 120 Gramm pro Kilometer durch die Vorgaben der EU bis spätestens 2015 reduziert werden. Zweitens bewegten die Erwartungen von steigenden Preisen bei fossilen Brennstoffen und die Umweltsensibilität der neuen Käufer die Autohersteller dazu, energieeffizientere Autos zu bauen und anzubieten.

Geschlussfolgert wird: „Um die vorgegebenen Unternehmensziele der Automobilhersteller wie Umsatzsteigerung und Mitarbeiterwachstum auch im deutschen Markt wieder zu erreichen, müssen die Firmen umdenken.“

Auszurichten seien zukünftige Entwicklungsziele an fünf wesentlichen Punkten: Die Konzerne müssten mehr Kleinwagen anbieten, der Spritverbrauch muss deutlich sinken, Hersteller müssten unterschiedliche Antriebskonzepte im Angebot haben. Zudem würden es die Konzerne es künftig mit mehr Kunden zu tun haben, die das Auto weniger als Statussymbol empfänden, und die Autobauer müssten neue Dienstleistungen rund um das Auto entwickeln und anbieten“.

Standardkriterien für einen Autokauf blieben weiterhin Qualität, Zuverlässigkeit und Sicherheit. Ergänzt würden diese aber durch zusätzliche Produktmerkmale wie Erschwinglichkeit, Effizienz, Emissionsreduzierung und Infotainment.

Die Studie macht für die Zuliefererindustrie derzeit zwei signifikante Hauptziele aus: das Wachstum des Unternehmens und zunächst natürlich dessen Überleben. Überzeugt ist man davon, dass sich das Verhältnis zwischen Autobauern und Zulieferern ändere. „Die Beziehungen werden enger, die Abhängigkeit wächst. Einige Lieferanten werden ganz verschwinden, andere von Konkurrenten übernommen, oder sie schließen sich zusammen.“ Nicht wirklich neu ist die bei den Zulieferern ausgemachte Befürchtung eines Rückgangs der Auftragseingänge und massiven Preisverfalls. Außerdem habe der volatile Wechselkurs vom Euro zum Dollar negative Auswirkungen auf den Geschäftserfolg. Obendrein werde es schwieriger, Personal zu halten, aber auch Nachwuchs zu gewinnen.

Um derartige Befürchtungen abzubauen, müsse es den deutschen Zulieferern gelingen, Konzepte für eine Innovations- und Technologieführerschaft zu entwickeln. Die strategische Neuausrichtung der Automobilproduktion müsse auf zukunftsfähige, langfristig angelegte Projekte fokussiert sein – trotz hoher kurzfristiger Entwicklungskosten. Eine enge Zusammenarbeit mit anderen Branchen – vor allem der Elektronik-, Energie- und Versorgungsindustrie – sei voranzutreiben.

Die Vorstellung der Trendstudie im Opel-Werk Bochum verfolgten rund 80 Interessierte. Der Veranstalter wertete sie „als vollen Erfolg“. Auf die „Mischung aus Theorie und Praxis“ habe es eine durchweg positive Resonanz gegeben. Das sei Motivation, im nächsten Jahr wiederum eine derartige Präsentation vorzusehen, erklärte Leiter der Brunel Car Synergies GmbH, Peter Bolz.

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