Tuning-Trend: rattig statt hochglänzend

Bei Autos geht es nicht immer nur um den schönen Schein, denn Kreativität statt Chrom ist für manchen Autofreak reizvoll. Statt mit glänzendem Lack und Metall wird beim „Ratten“-Tuning auf Gammel-Look getrimmt. Zur Verschönerung des vierrädrigen Lieblings können auch mal Blumen, Bambus oder Bierdeckel herhalten. Der Ursprung der skurrilen Aufbereitung soll in den USA liegen.

Den Anhängern ist nichts zu absurd, um in den meist älteren Autos dennoch Verwendung zu finden. Und um sich vom Edeltuning abzugrenzen, trimmen sie ihre Fahrzeuge als „Ratten“. Ihre Accessoires finden sie auf Dachböden und auf Flohmärkten. Markus Müller aus Hildesheim, einer der Sprecher, meint nicht ohne Selbstironie:“Wir sind das Ungeziefer der Tuning-Szene.“ Sie benötigen keine Karbonfaser-Spoiler und Felgen aus Magnesium, verzichten auf Chrom-Glanz. Dementsprechend sehen die Fahrzeuge auch aus.

Vorsätzlich abgebeizter Lack führt zu verrosteten Motorhauben, Kotflügeln und Türen. Bierdeckel zieren den Fahrzeughimmel, Zeitungen in Schichten verleimt, fungieren als Türverkleidungen von Polo, Golf, Astra oder Trabant. Scheinbar achtlos herausgerissene Kabel sind zu sehen. Und was passt für ein Cabrio besser als ein Überrollkäfig aus Bambus? Nichts, so Aaron Keßler aus Borken in Westfalen. Weitere Highlights, mit denen sich unter Gleichgesinnten punkten lässt: nackte Sitzgestelle mit geschweißten Rohren im Spinnweben-Muster oder ein Lenkrad aus einer geschweißter Motorradkette gehören dazu. Der Weg vom Auto in Richtung von Skulpturen für ein Museum für moderne Kunst wird wissentlich gewählt. Doch: „Keine Angst“, versichert Aaron Keßler: „Alles zugelassen, eingetragen und TÜV-geprüft“.

Tatsächlich wird trotz morbidem Anschein Wert auf tadellos funktionierende Technik gelegt. Zudem versehen die Besitzer ihre „Rostlauben“ oft mit einer Schicht Klarlack, um den Zustand zu konservieren. Bislang umfasst die alternative Tuning-Szene in Deutschland einige Hundert Anhänger. In den USA sind es Zigtausende. In Polen und Tschechien und anderen europäischen Ländern haben sich erste Ableger gegründet. Denn „für viel Geld ein Gewindefahrwerk zum Tieferlegen kaufen, kann jeder“, so Markus Müller. Sein Motto lautet dagegen: „Kreativität statt Chrom“. Er ist sich sicher, dass die Szene rasch wachsen wird. Für die kommenden Monate sind zahlreiche Treffen organisiert. Und die Kult-Szene wirbt unter www.facebook.de/ratlookgermany um neue Fans. Clubs gibt es bereits in verschiedenen Teilen der Republik.

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