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Peking – Egal ob Shanghai oder Peking: Vergnügungssteuerpflichtig sind Automessen in China nicht. Schon gar nicht, wenn sie wie jetzt die Pekinger Auto China 2014 ausgerechnet in der Karwoche vor Ostern terminlich noch mit einer anderen Autoschau kollidieren, der ebenfalls international ausgerichteten in New York auf dem Weltmarkt USA.
Doch Job ist Job. Vom Fairmont Beijing Hotel in der Jian Guo Men Wai Avenue im Viertel Chaoyang ist es eigentlich gar nicht so weit bis zur Messe in der Tianzhu Area Yuxiang Road im Shunyi-Distrikt, zumindest nicht für die Verhältnisse einer 20-Millionen-Metropole wie Peking. Es ist Ostersonntag. Mit dem Bus sind wird schon früh seit kurz nach halb sieben unterwegs. Zunächst geht es noch recht zügig voran. Doch spätestens in der Nähe des Ausstellungsgeländes steht fast alles still.
Nur im Schritttempo kommen wir, wenn überhaupt, voran. Autos hupen. Polizisten gestikulieren wild, um den Verkehr wenigstens einigermaßen auf den mehrspurigen Zufahrtsstraßen voranzubringen. „Und wir alle“, sagt jemand selbstkritisch im Bus, „tragen eigentlich [foto id=“508474″ size=“small“ position=“left“]auch noch zu Situationen wie diesen bei!“ Gut eine Stunde haben wir gebraucht, bis wir in einer Nebenstraße aussteigen können. Am Haupteingang zu halten, das wäre vollkommen aussichtslos gewesen. Größere Parkplätze in der Nähe, auf denen man Wagen vorübergehend einmal stehen lassen kann, müssen wir irgendwie übersehen haben. Ein Kollege berichtet, dass sich der Fahrer ihres Busses total verfahren und sich, wohl aus Scham, dann einfach aus dem Staub gemacht habe …
Nach einem Fußweg von gut einem Kilometer erreichen wir das riesige New China Exhibition Centre – von hinten. Küchenbrigaden, zuständig für die Verpflegung, marschieren unter Kommando in Reih´ und Glied dorthin, wo sie gleich arbeiten müssen. Bei den Models an den Autos der [foto id=“508475″ size=“small“ position=“right“]Herstellerstände geht es übrigens später kaum anders zu: Wie auf ein geheimes Zeichen hin verbeugen sie sich asiatisch-höflich plötzlich eine nach der anderen, treten zurück – und marschieren ebenfalls militärisch geordnet von der Bühne, ehe der nächste Schwung der Mädels kommt.
Eigentlich ist Medientag. Doch die gigantischen Hallen von E1 bis E7, von W1 bis W4 und von W5A bis W6B sind bereits am frühen Vormittag fast bis zum Bersten gefüllt. Das sollen alles Journalisten sein? So viele „Volksreporter“? Und alle auf Themen rund ums Auto spezialisiert? Bis hin zu den beiden Knirpsen mit Mecki-Schnitt, die an einem Mini für die Kamera der Eltern posieren – mit Victory-Zeichen, wie sich versteht?
In einer Halle, der, in der Chrysler, Mercedes-Benz, Jaguar Land Rover und Volvo, vertreten sind, gibt es längst kein Durchkommen mehr. Sicherheitskräfte haben alle Zugänge abgesperrt. Nichts geht mehr. Drinnen wird nur noch gedrängelt und geschoben. Und auch Chinesen können, wenn sie wollen, richtig drängeln und schieben. Jemand erzählt, um den Andrang in Halle W3 zu erklären, dass eigentlich ein Auftritt des britischen Fußball-Stars David Beckham am Jaguar-Land-Rover-Stand vorgesehen gewesen sei, kurzfristig aber habe abgesagt werden müssen – „aus Angst vor Panik und Hysterie“. Sicherheit geht dann doch vor.
Der Kreislauf einer jungen Frau kollabiert. Es ist schwül. Die Sonne scheint. Das Thermometer zeigt bereits draußen weit über 20 Grad. „Das ist die Hölle“, fasst der Sprecher eines europäischen Automobilkonzerns zusammen, der gerade die Neuheiten-Präsentation seiner Marke hinter sich gebracht hat und nun auf die Massen schaut, die auf den Stand drängen, nachdem die Absperrung aufgehoben ist. „Hoffentlich passiert da nichts Schlimmeres!“ Die Gerüchteküche brodelt derweil weiter. Eines besagt, dass irgendwo vor oder auf dem Areal noch versucht worden sei, eine „Free Tibet“-Demonstration [foto id=“508477″ size=“small“ position=“right“]abzuhalten. Die Sicherheitskräfte, ebenfalls in Scharen in Uniform vor und auf dem Messegelände vorhanden, hätten dies allerdings gleich unterbunden.
Als Europäer hält man das nicht lange aus in den Hallen, ist froh, sie so schnell wie möglich im Laufe des Nachmittags verlassen zu können. Die Massen scheinen hier jedenfalls noch massiger, der Lärm noch lärmiger. Der Stressfaktor ist hoch, vor allem dann, wenn ohne Rücksicht auf Standnachbarn oder andere Hersteller in der Halle mit den gleißenden Scheinwerfern auch noch die Lautsprecher offenbar bis zum Anschlag aufgedreht werden, um mehr Aufmerksamkeit auf den Stand, die Autos und damit das Unternehmen zu ziehen. Nerven liegen teilweise blank.
Eine ältere Frau sitzt vor einer Halle erschöpft in blauer Arbeitskleidung, mit roter Kappe, Besen und einem Stock samt Greifarm zum leichteren Aufsammeln von Müll auf einem Stapel von Absperrungsgittern, blickt müde ins Leere. Auch Jüngeren machen die wie auch immer gearteten Anstrengungen zu schaffen. Viele hocken auf dem Freigelände, sind eingeschlafen. Wie der später vor dem Eingang auf dem Roller draußen.
Dass die Auto China inzwischen zu einer Hauptmesse der Branche geworden ist, hat damit zu tun, dass das Reich der Mitte für viele Autobauer, nicht nur für heimische, sondern ebenfalls für die aus den USA, aus Europa oder aus Japan, längst zum wichtigsten Weltmarkt geworden ist. Und dass Autos vor lauter Menschen kaum noch zu sehen sind, das soll es – an Publikumstagen allerdings – auch bei anderen Ausstellungen geben. Nicht nur in Shanghai oder Peking. /Fotos: Koch
geschrieben von auto.de/Günther Koch/KoCom veröffentlicht am 24.04.2014 aktualisiert am 24.04.2014
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