Bravourös gefahren

Unterwegs im Skoda Scala 1,6 TDI: Wenn der Petersberg ruft

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Für eine Straße ist sie mit ihren 92 Jahren noch vergleichsweise jung. Und doch hätte sie eine ganze Menge über die Berühmtheiten zu erzählen, die im Laufe der Zeit diese Fahrbahn unter ihre Räder genommen haben. Was mag wohl Großbritanniens Premierminister Sir Neville Chamberlain durch den Kopf gegangen sein, als er sich hier auf den Weg zum Treffen mit Adolf Hitler im September 1938 im Hotel Dreesen auf der anderen Rheinseite machte? Dort sollte das Münchener Abkommen vorbereitet werden. Oder wie laut hat der sowjetische Generalsekretär Leonid Breschnew geflucht, als er 1973 in einer komplizierten Kurve – selbst voll des guten Wodkas – sein Gastgeschenk, ein Mercedes-Cabrio, bis zur Unkenntlichkeit verschrottete?

20 Kurven auf zwei Kilometer

Glücklicher dürfte Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher auf seinem Weg nach oben gewesen sein, als er dort seine Hochzeit feierte. Die Rede ist von dem nur 2,2 Kilometer langen Sträßchen, das sich mit genau 20 Kurven in Königswinter bei Bonn auf den 331 Meter hohen Petersberg schraubt, den seit 1892 ein Luxushotel für die Reichen und Schönen ebenso wie für Kaiser, Könige und Staatspräsidenten dieser Welt krönt. Kaum eine Berühmtheit aus der Politik der vergangenen 100 Jahre, die nicht hier ihr müdes Haupt zur Ruhe gebettet oder zumindest die phantastische Aussicht über das Rheintal – bei gutem Wetter bis zum Kölner Dom – genossen hat.

Unter anderem auf dieser Straße soll die Dieselversion Skoda Scala zeigen, was sie kann. Denn die Strecke, die in Radfahrer-Kreisen auf einer Internetseite mit dem treffenden Namen „quaeldich.de“ so etwas wie „alpinen Flair vermittelt“, ist wie gemacht als Erprobungsstrecke für einen kräftigen wie leicht in der Hand zu haltenden Diesel. Zuvor muss sich allerdings der kompakte Skoda erst einer optischen und dann einer dynamischen Prüfung auf den Autobahnen rund um Köln sowie im Stadtverkehr der Ex-Bundeshauptstadt Bonn unterziehen.

Zuerst die Optik

Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten, doch was gibt es an einem Auto zu meckern, das im März 2019 – übrigens schon als 13. Produkt von Skoda überhaupt – den renommierten „Red Dot Award" für hervorragendes Produktdesign erhielt? Nichts. Die 40-köpfige Jury lobte unter anderem die „perfekten Proportionen, klaren Flächen, fließenden Linien und ausgefeilte Aerodynamik" des komplett neu entwickelten Autos und bescheinigte ihm „einen markanten Auftritt".

Wie bei Testwagen üblich, hat Skoda in den Scala nahezu alles hineingepackt, was die Aufpreisliste hergibt, überwiegend Vernünftiges. Dazu gehört zum Beispiel der adaptive Abstandsassistent, der Fernlichtassistent oder das Sportfahrwerk. Auch Teile des Ausstattungspakets Dynamic erweisen sich als sinnvoll wie zum Beispiel dessen LED-Hauptscheinwerfer und -Heckleuchten mit Kurven- und Abbiegelicht. Welchen Sinn freilich das zum Paket gehörende Panoramaglasdach erfüllen soll, wissen wohl nur die Götter im tschechischen Skoda-Stammsitz in Mladá Boleslav.

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Skoda behütet seine Insassen

Die beiden Frontpassagiere haben nämlich nichts davon. Ebenso rätselhaft bleibt, warum die Müdigkeitserkennung immer wieder nach einigen Kilometern Geradeausfahrt lautstark verlangt, man möge gefälligst das Lenkrad wieder in die Hände nehmen, obwohl das längst geschehen ist. „Simply clever“ dagegen der zur Serie gehörende Regenschirm im Fahrergestühl und der Eiskratzer in der Tankklappe.

Den Beweis für die Vorteile des Abstandsassistenten liefert der Wagen zunächst auf der weitgehend ohne Tempolimit freie Fahrt erlaubenden A 555 zwischen Köln und Bonn, der ersten, lange vor der Naziherrschaft vom damaligen Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer gebauten deutschen Autobahn. Zwar benötigt der Scala etwas Anlauf bis er sein Spitzentempo erreichte, doch schließlich hört die Tachonadel erst knapp über 200 km/h auf, weiter nach oben zu klettern. Reifen-, Wind – und Motorgeräusche machen sich bei diesem Tempo deutlich, jedoch nicht unangenehm bemerkbar. Eine Unterhaltung ist im Innenraum auch ohne Gebrüll möglich.

Sauberer Motor

Kurz vor dem Bonner Verteilerkreis geht es halbrechts weiter in Richtung Reuterstraße, eine der meistbefahrenen Straßen im Bonner Stadtgebiet. Seit Jahren werden dort die von der EU vorgeschriebenen Grenzwerte für Stickoxide überschritten, so dass sie womöglich demnächst ein Dieselfahrverbot treffen könnte. Doch der Scala kann sich hier mit seiner Abgasnorm Euro 6d-Temp und einem CO2-Ausstoß von 106 Gramm pro Kilometer guten Gewissens frei bewegen und aus der Affäre ziehen.

Am Ende der Reuterstraße grüßt links das Palais Schaumburg, nach 1949 Dienstsitz von Bundeskanzler Konrad Adenauer. Stets wenn er in Bonn zu tun hatte, ließ sich der Kanzler von seinem Haus in Rhöndorf, einem Ortsteil von Bad Honnef, mit der Fähre über den Rhein schippern, anschließend auf der später nach seinem Namen benannten Allee zu seinem Arbeitsplatz chauffieren und abends wieder zurück. Diesen Weg nimmt jetzt auch der Skoda Scala.

Geschichtsträchtige Kulisse

Schon auf der Fähre grüßt ihn von weit oben das Ziel seiner Testfahrt, das inzwischen weltberühmte Hotel auf dem Petersberg, wo nach dem Zweiten Weltkrieg die Alliierten Hohen Kommissare ihren Sitz hatten, später die Bundesregierung Staatsgäste beherbergte und 2001 die Afghanistan-Konferenz stattfand, um nur einige Highlights zu nennen. Nahezu alle Staatsoberhäupter und Regierungschefs der Staaten, mit denen Deutschland diplomatische Beziehungen unterhält, haben hier gewohnt und politische Gespräche geführt. Mittlerweile gehört das Hotel, das einst im Besitz des 4711-Kölnisch-Wasser-Magnaten Ferdinand Mülhens aus Köln war, zum Steigenberger-Hotelkonzern.

Besonders anstrengen muss sich der Scala auf dem winkeligen Bergsträßchen nach oben kein einziges Mal. Für die 115 Pferdestärken des Tschechen bedeutete die teils beachtliche Steigung einen Klacks, schließlich hat es ein PS nur mit etwas über zehn Kilogramm aus dem Gesamtgewicht zu tun. Fahrspaß pur vermittelte der Kompakte besonders in den engen Kurven, wo es auf gutes Handling, eine präzise Lenkung und große Wendigkeit ankommt. Auch das leichtgängig und genau zu schaltenden Sechs-Gang-Getriebe liefert seinen Beitrag dazu.

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Platzwunder für Insassen und Gepäck

Bleibt als Fazit die Fülle an Platz zu loben, die allen Passagieren vorne wie hinten zur Verfügung steht. Der große Kofferraum, in den vier Kisten Limonade gleichzeitig passen, kann sogar dazu verführen, die Zuladefähigkeit des Autos zu strapazieren.

Bleibt noch der Verbrauch

Wenn auch Im europäischen Vergleich nach Angaben des Brauerverbands Brewers of Europe die Tschechen pro Kopf und Jahr mit 138 Litern das meiste Bier trinken, ist im Gegensatz dazu der Skoda Scala ein wahrer Abstinenzler. Es gehört schon ein rechter Bleifuß dazu, seinen Durst auf über 5,1 Liter je 100 Kilometer zu schrauben. Wer sich Mühe gibt, kann sogar die NEFZ-Werksangabe von 4,2 Litern erreichen. Das bedeutet angesichts des 50-Liter-Tanks eine Reichweite von um die 1000 Kilometer pro Füllung. Das soll ihm erst mal einer nachmachen.

Daten Skoda Scala 1,6 l TDI

Länge x Breite x Höhe (m) 4,36 x 1,79 x 1,47
Radstand (m) 2,65
Motor R4, 1598 ccm, Turbodiesel
Leistung 85 kW / 115 PS bei 3250–4000 U/min
Max. Drehmoment 250 von 1500–3250 U/min
Höchstgeschwindigkeit 201 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h 10,1 Sek.
NEFZ-Durchschnittsverbrauch 4,2 Liter
Effizienzklasse A
CO2-Emissionen 108 g/km (Euro 6d-Temp)
Testverbrauch 5,1 Liter
Leergewicht / Zuladung min. 1324 kg / max. 577 kg
Kofferraumvolumen 467–1410 Liter
Max. Anhängelast 1250 kg
Wendekreis 10,10 m
Bodenfreiheit 149 mm
Bereifung 205/50 R 17
Luftwiderstandsbeiwert 0,303
Wartungsintervalle Variabler Serviceintervall nach Serviceintervall-Anzeige, erste nach zwei Jahren oder 30000 km und dann jedes Jahr
Garantie zwei Jahre ohne Kilometerbegrenzung drei Jahre auf Lack zwölf Jahre gegen Karosseriedurchrostung
Typklasseneinstufung KH/VK/TK 15 / 18 / 19
Basispreis 26 350 Euro
Testwagenpreis 34 274 Euro

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