US-Hersteller bei Autoschau in Detroit

Detroit – Die einstige Welthauptstadt des Automobil hat schon bessere Tage gesehen. Das war damals, als General Motors, Ford und Chrysler noch wirklich weltweit die großen Drei der Branche waren – und der US-Automarkt mit mehr als 16 Millionen Neuzulassungen pro Jahr gleichfalls noch mit deutlichem Abstand der größte der Welt. Doch Zeiten ändern sich. Im Krisenjahr 2009 standen General Motors und Chrysler direkt am Abgrund, der Staat und, im Fall Chrysler, Fiat sprangen ein. Ford mühte sich aus eigener Kraft weitgehend wieder in eine bessere Situation.

Detroit in diesen Tagen. Es ist kalt. Ein heftiger Wind weht vom anderen Ufer des Detroit River herüber, wo bereits Kanada beginnt. Es hat geschneit. Dampf steigt auf den geräumten Straßen aus den unterirdischen Versorgungsschächten. Eine gespenstische Szenerie. Häuser, die verfallen. Das eine, gleich um die Ecke vom Westin Book Cadillac am Washington Boulevard, komplett vom obersten bis zum untersten Stockwerk [foto id=“124792″ size=“small“ position=“right“]aufgerissen, Menschen, die dick eingemummt über Bürgersteige schlurfen – mit Plastiktaschen in der Hand und um ihre kaputten Schuhe herum. Chris Woodyard, Kollege von USA Today, beziffert die Arbeitslosenrate in Michigan, dem Bundesstaat, in dem General Motors (Detroit), Ford (Dearborn) und Chrysler (Auburn Hills) zu Hause sind, noch im November auf nunmehr fast schon 15 Prozent. Zum Vergleich: In den USA insgesamt lag die Quote fünf Prozent niedriger.

Schimmer am Horizont

Gregory fährt uns vom Hotel zur Cobo Hall. Da findet gerade die internationale Autoschau statt, die wie schon zuletzt als einziges Argument, als Aussteller für nicht wenig Geld an ihr teilzunehmen, eigentlich nur das eine hat: Sie ist die erste im neuen Jahr. Klar, da ist einiges schief gelaufen, sieht Gregory dennoch einen Schimmer [foto id=“124793″ size=“small“ position=“left“]am Horizont, sagt, dass diese Stadt, die gesamte Region wegkommen muss von der ausschließlich auf Autobau ausgerichteten Struktur. Das konnte nicht gut gehen. Die haben einen schlechten Job gemacht. Sie kennen doch unsere Autos, riesig, schlechte Qualität, hoher Verbrauch. Ob er sich vorstellen könnte, einen kleineren, sparsameren Wagen zu fahren? Sparsam schon, aber klein, nein, dafür bin ich zu groß. Andere Zahlen hat es auch da schon gegeben: Über eine halbe Million Besucher erwarten die Veranstalter der Schau dieses Mal in Detroit, immerhin, listen von rund 60 Marken über 700 Modelle auf, darunter etwa 50 neue. Es gibt, wenn auch etwas versteckt in einer dunkleren Ecke der Halle, eine Electric Avenue. Glamour und Glitzer vergangener [foto id=“124794″ size=“small“ position=“right“]Ausstellungen sind jedenfalls vorbei. Keine aufwendigen (Vorabend-)Shows und Aktionen, die früher Standard waren. Keine durch die Straßen von Mo(tor)town getriebenen Langhorn-Rinder mehr. Die imposantesten Stände sind die der deutschen Hersteller, vor allem von Audi, Mercedes und VW. Nüchternheit und Sachlichkeit haben Einzug gehalten bei den Amerikanern. Vielleicht, mutmaßt Mark Healey, der als Freier für verschiedene kleinere Zeitungen schreibt und mit dem wir zu den US-Ständen gehen, müssen wir das schon als Erfolg bewerten.

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Video: Detroit 2010 – Highlights

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Einfach Chrysler auf Lancia

Chrysler zum Beispiel. Das einzige, was beim früheren Daimler-Partner freilich wirklich auffällt, ist, dass Fiat dort das Zepter übernommen hat. Hübsche Models sind zu sehen. Ein Superflitzer der Sportwagentochter Ferrari. Der kleine (Elektro-)500er. Und ein Lancia Delta – mit Chrysler als Aufschrift. Was die sich wohl, fragt Mark, als Fiat-/Chrysler-Chef Sergio Marchionne im feinen Pullover über die Schau marschiert, dabei gedacht haben? Keine [foto id=“124795″ size=“small“ position=“right“]Präsentation, keine Pressekonferenz. Nur das, was schon bekannt ist, auch von den Töchtern Jeep und Dodge. Wenigstens das lässt sich der Italiener entlocken, nämlich dass Alfa vor einem Start auf dem US-Markt erst noch nachweisen muss, als separate Marke dort zu bestehen. Falls produktseitig und insbesondere wirtschaftlich nicht, dann wird es eine europäische Marke bleiben. Dann Ford. Strahlend hält Amerika-Chef Mark Fields zwei Trophäen in der Hand, die eine für den Fusion Hybrid, die andere für den Transit Conncet, in ihren Sparten jeweils das Nordamerikanische Auto des Jahres 2010. Zwar dürfen auch bei Ford dicke Brummer wie der F-150-Pickup oder muskelbepackte Machos wie der Mustang nicht fehlen, doch stehen kompaktere und kleinere Modelle wie der neue Focus oder der Fiesta genauso im Mittelpunkt, Motto Amerika [foto id=“124796″ size=“small“ position=“left“]schaut nach Europa. Selbst im Luxussegment haben Marken wie Lincoln etwa mit dem neu gestylten MXK-Crossover vor, zurückzuschnellen, wie Brent Snavely in der Detroit Free Press durchaus doppeldeutig über die noble Ford-Tochter und genauso über das General-Motors-Pendant Cadillac schreibt. Auf sportliche Elektroautos ist der Daimler-Partner Tesla spezialisiert. Die Kalifornier zeigen neben einem Sportroadster, der in weniger als vier Sekunden aus dem Stand Tempo 100 erreichen soll, die formschöne S-Elektrolimousine, die Anfang 2012 starten soll.

Zeichen der Zeit erkannt

Bliebe noch der am heftigsten ins Wanken geratene Riese, eben General Motors, den Toyota inzwischen an der Weltspitze abgelöst hat. Zeichen der Besserung sind auch bei ihm zu erkennen. Gerade erst, erklärt Mark, läuft [foto id=“124797″ size=“small“ position=“right“]idie Produktion von Batterien für den Volt wohl so richtig an. Die ersten Exemplare dieses zuletzt bei Messen mmer wieder gezeigten, rein elektrisch fahrenden Chevrolets der General-Motors-Einstiegsmarke, bei der deutschen Schwester Opel als Ampera bekannt, könnten nun endlich noch in diesem Jahr vom Band laufen. Dass es sportlich und trotzdem auch klein geht, zeigt Chevrolet neben dem Spark darüber hinaus mit dem Aveo RS. Mit dem Regal baut die andere General-Motors-Tochter auf der Opel-Insignia-Plattform auf. Selbst GMC, im Konzern für Pickups und Geländewagen zuständig, deutet aus Sicht von Mark mit dem kleinen Granite-Crossover an, dass sie, lange hats gedauert, die Zeichen der Zeit nun erkannt haben.

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