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Die Rolle der Zulieferer der Autoindustrie wandelt sich rapide. Statt sich auf Entwicklung und Fertigung von Komponenten und Systemen zu beschränken, leisten Firmen wie Schaeffler, ZF oder Continental immer mehr Grundlagenforschung zur Optimierung von Antrieben oder Fahrwerken. Für Prof. Dr.-Ing. Peter Gutzmer, Vorstand für Forschung und Entwicklung bei Schaeffler aus Herzogenaurach, ist das ein Trend, der den wesentlichen Beitrag für die Zukunftssicherungen von Zulieferern wie Herstellern leistet. Auf der North American International Auto Show (NAIAS) in Detroit wies der 59jährige Schwabe in Strategie und technische Politik seines Unternehmens ein und stellte bemerkenswerte Prognosen.
Die wachsende Bedeutung von Zulieferbetrieben in der Automobilwirtschaft[foto id=“496954″ size=“small“ position=“right“] belegen allein wenige statistische Angaben, die Unternehmen wie Schaeffler in puncto Größe und Aktivitäten auf Augenhöhe mit einzelnen Autoherstellern rücken. Mit seinen Produktmarken INA, Luk und FAG beschäftigt der Konzern aus Herzogenaurach rund 78 000 Mitarbeiter und erzielte 2012 einen Umsatz von 11,1 Milliarden Euro. Bei 180 Standorten in mehr als 50 Ländern entfallen rund 70 Prozent des Umsatzes auf die Automobilsparte, die sich auf Komponenten und Systeme für Motoren, Getriebe und Fahrwerk spezialisiert hat. In seinem globalen Netzwerk beschäftigt Schaeffler mehr als 6000 Ingenieure für die Entwicklungsarbeit.
Die Verantwortung für Strategie und Koordination von Forschung und Entwicklung bei Schaeffler trägt Peter Gutzmer, dessen Aufgabenbereich immer komplexere Herausforderungen formuliert: „Wir versuchen als Zulieferer die Produktgruppen als standardisierte Grundelemente zu entwickeln. Auf dieser Basis lassen sich die differenzierten Anforderungen der einzelnen Kunden dann entsprechend rationell fertigen.“ Das klingt einfach, doch bei näherer Betrachtung offenbaren sich die Probleme im Detail.
Auch wenn weltweit die Aufgaben der Zukunft durch Reduzierung des Verbrauchs und damit der Emissionen einheitlich für die Autoindustrie definiert scheinen, so setzen die einzelnen großen Märkte Europa, USA und Asien unterschiedliche Schwerpunkte beim Erreichen des gemeinsamen Ziels. „Während in Amerika Lösungen bei der Kraftübertragung das größte Potential aufweisen, setzen asiatische Hersteller den Fokus auf die Elektrifizierung des Antriebs, die Europäer suchen dagegen verstärkt nach dem Optimierungspotential bei den Motoren“, beschreibt Peter Gutzmer die Eckpunkte der weltweiten Differenzierung.
Die Herausforderung für die Entwickler der Herzogenauracher, die sich aus so unterschiedlichen Anforderungen resultieren, bieten für Gutzmer einen wichtigen strategischen Vorteil für das gesamte Unternehmen: „Die Kompetenzen, die wir uns auf den einzelnen Märkten erarbeiten, sind natürlich auch auf den anderen wichtig und zukunftsträchtig. So ist beispielsweise die verstärkte Elektrifizierung des Antriebs auch für Europa und in den USA unumgänglich. Die Erfahrungen, die wir in der Wandler-Technik für den Automatik-Markt USA gewinnen, kommen auch Europäern und Asiaten zugute.“
Peter Gutzmer beschreibt Grundlagenforschung als Erfolgsrezept für das Unternehmen: „Bei der Grundlagenforschung liegt die Initiative bei uns. Dabei können wir agieren, statt nur zu reagieren.“ Wenn eine Forschung erfolgreich Ergebnisse erbracht hat, erfolgt bei Schaeffler der Bau von Prototypen. „Wir gehen nicht mit Papier zum Kunden, sondern präsentieren stets eine Lösung, die in der Praxis funktioniert“, so Gutzmer. Dabei beschränken sich die neuen Lösungen natürlich nicht auf die reine Funktion. Sie müssen in der Praxis komfortabel sein, geräuscharm arbeiten, [foto id=“496955″ size=“small“ position=“left“]dürfen nicht einmal im Ansatz den Fahrspaß beeinträchtigen, müssen rationell in der Fertigung sein, einen möglichst geringen Bauraum beanspruchen und keinesfalls die Gewichtsbilanz beeinträchtigen.
Was Schaffler unter „praxisnaher Lösung“ versteht, fassten die Entwickler in einem funktionsfähigen Forschungsfahrzeug für die Detroit Motorshow zusammen. Der vorgestellte Mittelklasse-SUV vereint eine Vielzahl teilweise bereits bewährter Produkte für die Optimierung von Verbrauch und Reduzierung der Emissionen beim Antriebsstrang mit Verbrennungsmotor. In realistischen Fahrprofilen, sowohl innerstädtisch wie auf der Autobahn, ergab sich ein Einsparpotential beim Kraftstoff in der Größenordnung von 15 Prozent. Mit den nicht zuletzt kostengünstig realisierbaren Maßnahmen erreicht das Fahrzeug bereits jetzt die US-Grenzwerte des sogenannten CAFE-Standards für 2020. „CAFE“ steht für „Corporate Average Fuel Economy“ und definiert die Grenzwerte für den CO2-Ausstoss für die Zukunft.
Als erklärter Vollblut-Techniker beschäftigt sich Peter Gutzmer engagiert nicht nur mit dem Tagesgeschäft, er setzt sich auch intensiv mit der Zukunft für Schaeffler und die gesamte Branche auseinander. Die wichtigsten Entwicklungsschwerpunkte für die kommenden fünf bis zehn Jahre definiert er mit: „Senkung des Verbrauchs, das teilautonome Fahren und die Konnektivität zwischen Fahrzeug und Medien-Technik.“
Aus Gutzmers Feststellung, „wir haben unsere Wurzeln in der Mechanik kommen aber künftig an der E-Mobilität nicht vorbei“, resultiert seine Folgerung: „Wir werden uns künftig viel stärker vernetzen. Zwischen Herstellern und Zulieferern, aber auch innerhalb der Zuliefer-Industrie.“ Um die Herausforderungen der Zukunft meistern zu können, sieht Gutzmer sogar die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen naturwissenschaftlichen Disziplinen wie der Chemie.
Bei der E-Mobilität engagiert sich beispielsweise Schaeffler verstärkt in der Forschung des Radnabenmotors. „E-Motoren und Räder sind nach physikalischen Gesichtspunkten rotationssymmetrisch“, stellt Peter Gutzmer fest. Da muss sozusagen künftig zusammenkommen, was nach den Gesetzmäßigkeiten der Physik zusammengehört.
Dass inzwischen die Mehrzahl neuer technischen Ideen im Autobau aus den Reihen der Zulieferer kommt, ist für Gutzmer die logische Folge des bislang eingeschlagenen Weges, der zumindest Schaeffler in der jüngsten Vergangenheit mit überproportionalem Wachstum belohnt hat. Dieser Weg verlangt durchaus Mut zum Risiko, so der Forschungs-Vorstand des Unternehmens: „Wir trauen uns auch an Themen, ohne bereits am Anfang absehen zu können, ob am Ende eine serienreife Lösung steht.“
Den Verbrennungsmotor sieht Peter Gutzmer im Bereich der individuellen Mobilität und für das Transportwesen weiterhin als vorherrschende Antriebstechnik: „Für mindestens 50 Jahre.“ Das Sparpotential, das alleine innermotorische Maßnahmen noch erschließen können, beziffert er für den Otto-Motor mir rund 20 Prozent. Getriebe mit zehn Gangstufen oder vereinfachte und damit kostengünstige Hybridisierung dank der von Schaeffler intensiv verfolgten Elektrifizierung mit 48 Volt, bereiten der ganzen Branche weite neue und zukunftsträchtige Felder.
Doch nicht nur die Techniker werden die Zukunftsfähigkeit des Verbrennungsmotors gewährleisten, weiß Peter Gutzmer, er ist der Überzeugung, dass auch auf Seiten des Kraftstoffs noch Erstaunliches zu erwarten ist: „In etwa einem Jahrzehnt werden wir in der Lage sein, aus CO2 Kraftstoff herzustellen. Dann wird das Kohlendioxyd in einem ganz anderen Licht erscheinen, nämlich als wertvoller Rohstoff.“
geschrieben von auto.de/(NAIAS) veröffentlicht am 16.01.2014 aktualisiert am 16.01.2014
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