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Über 10 000 Anordnungen zur Medizinisch-Psychologischen-Untersuchung (MPU) sind jedes Jahr falsch oder fehlerhaft. „Immer wieder stellen wir fest, dass Führerscheinstellen willkürlich ohne ausreichenden Rechtsgrund von Autofahrern eine MPU verlangen“, sagte Frank-Roland Hillmann von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) auf einer Presseveranstaltung. Insgesamt mussten 2009 nach einer Auswertung der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) rund 106 000 Autofahrer in ganz Deutschland zur MPU.
Zwar würden rund 90 Prozent der Anordnungen zur MPU, im Volksmund „Idiotentest“ genannt, rechtmäßig ergehen. Bei zehn Prozent sei dies hingegen zweifelhaft. Bestätigt wird diese Einschätzung aus der Praxis. „Führerscheinstellen nutzen ihre Macht aus. Es werden zu viele MPU-Gutachten zu Unrecht angeordnet“, erklärte Prof. Wolfgang Schubert, leitender Verkehrspsychologe bei der Dekra in Berlin. So hatte beispielsweise eine Führerscheinstelle allein aufgrund der Anzeige einer Ehefrau eine MPU beim Ehepartner angeordnet. Der Wahrheitsgehalt der Behauptungen der Frau wurde gar nicht geprüft. In einem anderen Fall reichte der Verwaltungsbehörde schon das Gerücht, der Autofahrer „bewege sich in der Drogenszene“, um eine Fahrtauglichkeitsprüfung anzuordnen.
„Autofahrer sind dann fast rechtlos“, kritisiert der Oldenburger Jurist Hillmann. Grund: Noch immer gilt die Anordnung einer MPU nicht als Verwaltungsakt. Daher könne sich der Autofahrer dagegen rechtlich auch nicht wehren. Wer aber kein MPU-Gutachten vorlege, gilt automatisch als fahruntüchtig und verliert seinen Führerschein. „Selbst mit anwaltlicher Hilfe sind bei fehlerhafter MPU-Anordnung die Autofahrer bis zu acht Wochen ohne Fahrberechtigung“, erläutert Hillmann. Für viele, die auf ihr Auto angewiesen sind, bedeutet dies ernste wirtschaftliche Schwierigkeiten oder gar den Jobverlust. Anwalt Hillmann: „Wir wollen einen Fall vor die höchsten Gerichte bringen, damit die MPU-Anordnung der Führerscheinstellen endlich als Verwaltungsakt anerkannt und justiziabel wird.“
Probleme gibt es auch für alle, die rechtmäßig ein Fahrtauglichkeitsgutachten erbringen müssen. Dies gilt für Autofahrer, die mehr als 18 Punkte in Flensburg haben, mit 1,6 Promille Alkohol im Blut oder Drogen am Steuer erwischt werden. Sie werden immer wieder Opfer von unseriösen Helfern, die einen MPU-Vorbereitungskurs anbieten. Solche Kurse, die zwischen 1 500 und 2 000 Euro kosten, werden teilweise von unqualifizierten Personen angeboten. „In einigen Kursen wird eine Story auswendig gelernt“, kritisiert Jurist Hillmann. Meist kommen die Betroffenen damit nicht weit. „Fragt der Gutachter anders, fallen solche Autofahrer in aller Regel auf“, warnt Experte Schubert. Einige MPU-Helfer würden mit Hinweis auf ihre Verschwiegenheit bis zu 10 000 Euro für einen Kurs verlangen. Solche Preise sind nach einhelliger Meinung der Experten vollkommen unangemessen. Dekra-Mann Schubert: „Lassen Sie sich immer das Diplom des angeblichen Psychologen zeigen.“
Schubert plädiert dafür, die MPU als Chance zu begreifen. Der Gutachter sein kein Feind des Autofahrers. „Die Tester verhören niemanden, sondern müssen immer entlastungsorientiert arbeiten, damit die Betroffenen wieder am Straßenverkehr teilnehmen können.“ Ein positives Gutachten gebe es aber nur, wenn die Betroffenen tatsächlich und nachvollziehbar ihr Verhalten, beispielsweise im Umgang mit Alkohol, verändert hätten.
geschrieben von auto.de/Uwe Schmidt-Kasparek/mid veröffentlicht am 28.07.2010 aktualisiert am 28.07.2010
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