Volksport “Gaffen“

Nach einem Verkehrsunfall zählt vor allem für schwerverletzte Opfer jede Sekunde. Doch anstelle der notwendigen Ersthelfer sammeln sich häufig Gaffer am Unfallort. Das sinnlose „Glotzen“ an einer Unglücksstelle ist nicht nur geschmacklos und unverantwortlich, sondern auch strafbar. Denn greifen Zeugen nach einem Crash nicht ein, können sie nach Paragraph 323c StGB wegen unterlassener Hilfeleistung mit Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr und Bußgeldern belangt werden. 

Doch über die Motive und die Wirkungsweise des Gaffens streiten sich die Experten. So gibt es Untersuchungen wie etwa eine Studie der Ludwig-Maximillian-Universität in München aus dem Jahr 2005. Diese behauptet, dass Menschen in einer wirklich gefährlichen Situation in vielen Fällen auf die Hilfe unbeteiligter Dritter zählen können und der Gaffer-Effekt nicht auftrete.

Aber dies scheint nach Alltagsbeobachtungen von Feuerwehrleuten und Rettungssanitätern in der Praxis kaum noch der Fall zu sein. Sind die Rettungskräfte an der Bergungsstelle vor Ort, verwandeln sich die potenziellen Helfer immer öfter in reine Zuschauer. Meist behindern sie sogar die Einsatzkräfte bei der Erstversorgung und dem Bergen der Unfallopfer. Notärzte berichten schon von aggressiven Gaffern, die nicht nur durch demotivierende Kommentare die Retter behindern, sondern Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte (Agbn) mussten sogar öfters schon von der Polizei bei der Ausübung ihrer Rettungstätigkeiten geschützt werden: „Notarzt und Personal werden heute nicht mehr als Helfer, sondern als Repräsentanten einer Obrigkeit gesehen. Übergriffe bis zu körperlichen Angriffen sind die Folge“, so der Notruf der bayerischen Notärzte. Dieses Phänomen der „Zaungäste“ geht schon soweit, dass sie die Unfälle und Bergungsarbeiten filmen und im Internet veröffentlichen.

Danach soll ein Großteil der Gaffer laut einer repräsentativen Umfrage der GfK Marktforschung Nürnberg Männer sein. Und fast jeder zweite befragte Mann ( 47,6 Prozent) gibt an, es sei faszinierend, Polizei, Feuerwehr oder Notärzte bei einem Einsatz live zu erleben. Bei den Frauen liegt der Anteil bei 33,3 Prozent. Fast genauso viele der männlichen Befragten räumen ein, sie würden bei Verkehrsunfällen langsamer an einer Unfallstelle vorbeifahren, um sich das Geschehen anzuschauen. Man wolle wissen, weshalb man im Stau stehe. Bei den interviewten Frauen verlangsamen zum „Gaffen“ noch 36,2 Prozent das Tempo. Ähnlich hoch ist die Lust am Beobachten, wenn in der Nachbarschaft Rettungskräfte im Einsatz sind. Hier schauen Männer (46 Prozent) und Frauen (36,6 Prozent) besonders genau hin. Über ein Drittel der Männer und ein Viertel der Frauen findet es demnach „völlig in Ordnung“, sich das Unfallgeschehen aus nächster Nähe anzusehen, solange man die Rettungskräfte nicht behindere. Jeder zehnte der Befragten gab auch an, sich Videos von schweren Unfällen auf Videoportalen im Internet anzusehen.

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