Porsche

Vor 110 Jahren: Lohner-Porsche mit elektrischem Radnabenantrieb auf der Weltausstellung in Paris

Visionäre Konzepte im Automobilbau sind keine Erfindungen von heute. Selbst Elektroantriebe haben eine lange Geschichte. Das beweist der Lohner-Porsche, der bereits vor mehr als einem Jahrhundert erstmals präsentiert wurde. Als am 14. April 1900 die Weltausstellung in Paris ihre Pforten öffnet, entdecken Automobilfreunde als markanteste Neuheit einen elektrischen Wagen: Den Lohner-Porsche.

Kaum zu glauben, aber die Idee eines elektrischen Antriebs ist beinahe so alt wie das Automobil selbst. In den Jahren um und nach 1900 erlebt sie ihre Blütezeit. Schon am 29. April 1899 durchbricht der Belgier Camille Jenatzy mit seinem zigarrenförmigen Elektroauto „La Jamais Contente“ (Frz.: „Der nie Zufriedene“) als erster die Schallmauer von 100 km/h für Landfahrzeuge. Er erreicht in Achères im Département Yvelines bei Paris genau [foto id=“332570″ size=“small“ position=“right“]105,3 km/h.

Geniestreich

Und im New York des Jahres 1901 verfügt gar die Hälfte aller Automobile bereits über einen elektrischen Antrieb. Bei der Weltausstellung in Paris im Frühjahr 1900 präsentiert die k. u. k. Hofwagenfabrik Ludwig Lohner & Co. den „Lohner-Porsche“. Er ist das Werk des damals 25-jährigen Chefkonstrukteurs Ferdinand Porsche.
Porsches Geniestreich sind die beiden Radnabenmotoren in den Vorderrädern. Er hat sie bereits vier Jahre zuvor entwickelt. Sie kommen ohne Getriebe und Antriebswellen aus. Das Rad dreht sich als Rotor des Gleichstrommotors um den Stator, der fest mit der Aufhängung verbunden ist. Der Antrieb ist frei von mechanischen Reibungsverlusten und erzielt einen Wirkungsgrad von 83 Prozent. Er läuft leise und liefert ein weiches Anfahrverhalten. Höchsten Ruhm erntet diese zukunftsweisende Erfindung Jahrzehnte später im Zeitalter der Weltraumfahrt: Die NASA nutzt die Idee des elektrischen Rad­nabenmotors, um ihr Mond­fahrzeug damit zum Rollen zu bringen.

Leistung

Die Elektromotoren in den beiden Holzspeichenrädern, von denen jedes unterm Strich 115 Kilogramm wiegt, leisten im Normalbetrieb jeweils 1,8 kW / 2,5 PS bei 120 U/min. Damit bringen sie den Zweisitzer auf 37 km/h [foto id=“332571″ size=“small“ position=“left“]Dauer-Höchstgeschwindigkeit, die Minimalgeschwindigkeit liegt bei 17 km/h. Besonders sportliche Fahrer können mit insgesamt 10 kW / 14 PS Leistung der beiden Motoren sogar knapp 50 km/h schnell fahren – allerdings nur etwa 20 Minuten lang. Die 410 Kilogramm schwere Blei-Batterie besteht aus 44 Zellen. Sie bringt es mit 300 Ah und 80 Volt auf 24 kWh Energieinhalt. Das langt für bis zu 50 Kilometer Reichweite. Eine elektrische Bremse wirkt auf die Vorderräder, eine mechanische Bandbremse auf die Hinterräder. Sperrklinken an der Hinterachse ver­hindern ein Zurückrollen des Mobils an Steigungen. Die Holzspeichenräder haben vorn einen Durch­messer von 650, hinten von 950 Millimeter. Am Gesamtgewicht von einer Tonne ist die Batterie mit immerhin 410 Kilogramm beteiligt, jedes der motorisierten Vorderräder mit 115 Kilogramm.

Weiter auf Seite 2: Video – Vom Lohner-Porsche zum 918 Spyder; Elektrowagen als Rennfahrzeug; Erstes Hybridauto der Welt

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Video: Vom Lohner-Porsche zum 918 Spyder

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Presse: „Der allererste transmissionslose Wagen“

Schon damals, vor 110 Jahren, erkennen viele Fachleute die Bedeutung des neuen Denkansatzes. Die Organisatoren der Weltausstellung verleihen dem Lohner-Porsche eine Auszeichnung. Und ein Automagazin schreibt: „Die epochemachende Neuheit besteht in der gänzlichen Beseitigung aller Zwischengetriebe als Zahnräder, Riemen, Ketten, Differentiale etc., kurz in der Herstellung des allerersten bisher existierenden transmissionslosen Wagens.“ Die Präsentation auf der Pariser Weltausstellung macht Porsche über Nacht berühmt – und sorgt für Nachfrage.

Insgesamt baut die Hofwagenfabrik in Wien-Floridsdorf etwa 300 Lohner-Porsche mit Elektroantrieb. Der Preis liegt, je nach Ausstattung, zwischen 10.000 und 35.000 österreichischen Kronen. Das entspricht, nach heutiger Kaufkraft, einem stattlichen sechsstelligen Betrag. Der Lohner-Porsche ist damit erheblich teurer als ein [foto id=“332572″ size=“small“ position=“right“]Automobil mit Verbrennungsmotor. Zielgruppe ist ausschließlich eine recht betuchte Kundschaft. Zu ihr zählen etwa der Wiener Kaffee-Großunternehmer Julius Meinl, die Automobilfirma Panhard-Levassor in Paris, Fürst Egon von Fürstenberg, der Schokoladenfabrikant und Kinopionier Ludwig Stollwerck, der Bankier Baron Nathan Rothschild und Fürst Max Egon von Thurn und Taxis.

Die Herrschaften dürfen sich über ein leicht und einfach zu fahrendes Automobil freuen. Die Fachpresse urteilt: Der Wagen zeige „kein Schleudern in scharfen Kurven oder auf glattem, kotigem Pflaster, oder zum mindesten nur für Augenblicke, ganz wie beim Pferdetrieb, bei welchem das Schleudern äußerst kurz und nur selten peinlich fühlbar wird.“

Typisch Porsche: Elektrowagen als Rennfahrzeug

Im September 1900 baut Lohner eine Power-Version seines Elektrowagens, eigens von Porsche für den englischen Gentleman-Driver E.W. Hart in Luton bei London entwickelt. Der Rennwagen hat zwei weitere, zusätzliche E-Maschinen an der Hinterachse. Damit ist er der erste Wagen überhaupt mit elektrischem Allradantrieb. Die Energiereserve, die Hart für lange Rennen wünscht, treiben das Gewicht der Batterien allerdings auf 1.800 Kilogramm. Das beschränkt den Topspeed des E-Fahrzeugs auf 60 km/h. Porsche liefert den Rennwagen persönlich beim Kunden ab. Er fährt ihn nach Luton, nördlich von London, und übergibt ihn dort dem [foto id=“332573″ size=“small“ position=“left“]Amateurrennfahrer E.W. Hart.

Pioniertat von 1901: Das erste Hybridauto der Welt

Dieses Problem gibt Porsche den Anstoß zur Entwicklung seines „Mixte“-Antriebs, der 1901 sein Debüt gibt: Der erste Hybridantrieb der Welt. Als serieller Hybrid erzeugt er den Strom mit einem Generator. Der liegt unter den Vordersitzen und wird von einem Vierzylinder-Verbrennungsmotor von Daimler mit 12 kW / 16 PS angetrieben. Eine – vergleichsweise – kleine Batterie dient als Zwischenspeicher. Den Antrieb übernehmen Radnabenmotoren an den Vorderrädern. Beim Bremsen fließt die gewonnene Energie in die Batterie zurück – heute nennt man das Rekuperation. Der Generator dient auch als Dynastart-Anlasser für den Benzinmotor, eine Kurzschluss-Schaltung funktioniert die Motoren beim Verzögern in zwei elektrische Vorderradbremsen um. Der Lohner „Mixte electrics“ wiegt nur 920 Kilogramm und erreicht 80 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Gemeinsam mit dem Ingenieur Ludwig Lohner nimmt Ferdinand Porsche an diversen Rennen teil. Mit einer Rennversion des „Mixte“-Wagens, mit einer extrem leichten Karosserie versehen, holt der junge Konstrukteur einen Klassensieg beim Bergrennen am Exelberg bei Wien. Auf einer Strecke von 4,2 Kilometer Länge, die vier bis acht Prozent Steigung aufweist.

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Gast auto.de

November 27, 2010 um 6:12 am Uhr

La jamais contente: DIE niemals Zufriedene. DIE.
Wie DIE Göttin (La DS).
Die Alpine.
Der Franzose hat ein bißchen früher geschnallt, warum er gern grandiose Dinge mit dem Baukasten zaubert. Der Deutsche denkt immer noch, er mache das, um den andern Fred überholen zu können.

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