Vorbild Kühlschrank – Was steckt hinter A+

Wie bei Kühlschränken und Waschmaschinen gibt es seit Ende 2011 auf für Autos eine Effizienzkennzeichnung. Auf einen Blick soll so erkennbar sein, wie der Verbrauch eines Fahrzeugs im Wettbewerbsvergleich abschneidet.

Besonders gut schlägt sich dabei Opel; die Rüsselsheimer haben mit sieben Autos unter allen Herstellern die meisten Modelle, die die beste Einstufung A+ erreichen, darunter diverse Motorversionen von Astra, Insignia und Zafira Tourer.

Doch ist das mehr als schmückendes Beiwerk für Werbung und Marketing?

Zum Test tritt das sparsamste aller A+-Modelle von Opel an – zumindest, wenn man das Elektroauto Ampera außen vorlässt. Der Astra mit dem 1,7-Liter-Diesel kommt in der genügsamsten Version bei 81 kW/110 PS dank Start-Stopp-Technik, Leichtlaufreifen und verlängerter Getriebeübersetzung auf einen Normverbrauchswert von 3,7 Litern (99 g CO2/km). Lange Zeit war das Klassenbestwert, mittlerweile erreicht der Renault Megane dCI 110 auf dem normierten Rollenprüfstand sogar 3,5 Liter. Beides sehr gute Werte, die für A+ ausreichen. Bei der Bewertung  spielt allerdings nicht allein der Verbrauch eine Rolle, sondern auch das Gewicht des Fahrzeugs. Die Idee dahinter: So sollen Fahrzeuge einer ähnlichen Größe und Klasse vergleichbar gemacht werden. Pluspunkt aus Sicht der Industrie: So können auch große und schwere Autos noch Bewertungen erreichen, die sie nicht zu Öko-Sündern abstempeln.

Der genaue Berechnungsmodus ist kompliziert und für den Kunden kaum nachvollziehbar. Für jede Gewichtsklasse wird ein Referenzverbrauch errechnet, eine Art Mittelwert aus den Verbräuchen der aktuell auf dem Markt verfügbaren Autos. Wer diesen Durchschnittswert genau trifft, landet in der Effizienzklasse E. Wer noch schlechter abschneidet, kommt in die Klasse F und G. Die besseren Modelle dürfen sich mit D bis A schmücken, wer zu den besten gehört, sogar mit A+. Aktuell sind das knapp 30 Modelle. „Dürfen“ ist [foto id=“420702″ size=“small“ position=“left“]in diesem Zusammenhang allerdings nicht ganz präzise. Vielmehr müssen alle Neuwagen im Showroom des Händlers ihre Effizienzklasse gut sichtbar tragen. Auch in der Werbung muss sie angegeben werden.

Für Opels Marketingstrategen sind die sieben A+-Wertungen also ein Pfund, mit dem zu Wuchern ist. Der 21.875 Euro teure Spar-Astra kann allerdings nicht nur bei seiner Papierform durchaus überzeugen. Die 110 PS Leistung und 280 Nm Drehmoment reichen für den kompakten Fünftürer durchaus, zumindest wenn es nicht mit schwerem Gepäck auf Berg- und Talfahrt gehen soll. Wer die leichte Anfahrschwäche im unteren Drehzahlbereich überwunden hat, fühlt sich nicht wie in einem Sparmobil, sondern kommt angemessen flott voran. Aufgrund des lang übersetzten Getriebes ist in der Stadt allerdings viel Schaltarbeit nötig, um den Opel in Fahrt zu halten. Wer aber bei gleichmäßigem Landstraßen- oder Autobahntempo unterwegs ist, rollt im sechsten Gang mental und akustisch entspannt voran. Verbräuche unter fünf Litern dürften so durchaus drin sein – eine tolerierbare Abweichung vom Laborwert. Vor allem Vielfahrer und Dienstwagennutzer werden so glücklich, während der Astra als Stadtmobil trotz Start-Stopp-Technik sein Sparversprechen wohl nicht wahr machen dürfte.

Die Energieeffizienzklassen-Einteilung allein kann diese Unterschiede allerdings nicht abbilden. Blind auf sie verlassen darf sich der Kunde also nicht – nicht immer ist das am besten eingestufte Auto auch am besten für seine Belange geeignet. Im konkreten Fall dürfte für viele Stadtfahrer beispielsweise der [foto id=“420703″ size=“small“ position=“left“]1,4-Liter-Turbobenziner mit 88 kW/120 PS die interessantere und auch kostengünstigere Wahl sein, der bei vergleichbaren Fahrleistungen und einem Normverbrauch von 5,5 Litern nur die Effizienzklasse B erreicht.

Und noch einen Haken gibt es

Die Berücksichtigung des Gewichts. Der Astra zählt eher zu den großen und schweren Kompaktwagen auf dem Markt. Um eine bestimmte Einstufung zu erreichen, darf er also mehr verbrauchen als ein leichterer Konkurrent. So erreicht etwa der VW Golf Bluemotion mit einem nur unwesentlich höheren Normverbrauch (3,8 Liter) auch aufgrund seines etwas niedrigeren Gewichts lediglich die Klasse A. Bei Platzangebot, Kofferraumvolumen und auch den meisten anderen Eigenschaften geben sich die Konkurrenten im Alltag trotz der unterschiedlichen Abmessungen nicht viel. Und auch die unterschiedlichen Normverbrauchswerte spielen dort keine Rolle. Es gibt aber auch noch viel klarere Beispiele für fragwürdige Klasseneinteilungen. So erreicht das SUV-Dickschiff Audi Q7 in der sparsamsten Version (3.0 TDI, 150 kW/204 PS) mit einem Verbrauch von 7,2 Litern die Klasse B. Die erreicht auch der Kleinstwagen Smart Fortwo (CDI, 40 kW/55 PS) mit seinem Verbrauch von 3,3 Litern.

Unterm Strich ist die Energieeffizienzklasse neben Normverbrauch und CO2-Ausstoß lediglich ein kleiner Helfer bei der Kundenentscheidung. Aufgrund der etwas sperrigen Berechnungsmethode dürften die meisten Autokäufer wohl weiterhin schlicht und einfach die zu erwartenden Tankkosten als Maßstab für die Kaufentscheidung nehmen.

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