Mercedes-Benz

Vorstellung Mercedes-Benz B-Klasse: Ich bin zwei Autos

Diesen Verdacht weisen die Oberen der Mercedes-Benz Car Group weit von sich: Die B-Klasse stelle zusammen mit der gerade in New York vorgestellten R-Klasse eine Klasse für sich dar, nämlich die Gattung der Sports Tourer. Wir konnten jetzt in den bergigen Strassen rund um Barcelona selbst auf die Suche nach der Antwort auf diese Frage gehen.
Mercedes B-Klasse. Foto: Auto-Reporter/Mercedes-Benz
Ja, es gibt Ähnlichkeiten und Verwandtschaften. Die grobe Linie entspricht der der A-Klasse. Das ist auch nicht verwunderlich, basieren doch beide Autos auf dem sogenannten Sandwich-Konzept, bei dem – vereinfacht ausgedrückt – die Technik im Keller unter dem Passagierraum arbeitet, was bei beiden Fahrzeugen zu der typischen kurzen und hohen Bauweise führt. Außerdem finden sich noch viele Verwandtschaften unter dem Blech. So sind die Aggregate in beiden Klassen identisch und auch sonst finden sich viele Gleichteile aus dem DaimlerChrysler-Baukasten dort, wo sie sich nicht auf die Gestaltung und das Konzept des jeweiligen Fahrzeugs. Auch die Klimaanlage ist die gleiche.
Doch schon der erste intensivere Kontakt mit dem B zeigt die große Distanz zum A. Die B-Klasse steht deutlich erwachsener vor einem, voluminös auf nur 4,27 Meter Außenlänge und breitschultrig. Die Designer lassen aus keiner Perspektive Zweifel an ihrer Absicht zu, ein dynamisches Fahrzeug zu schaffen. Das neue Gesicht ist kraftvoller und zeigt große Familienähnlichkeit mit dem der bald auf den Markt kommenden M-Klasse. Vor dem Betrachter steht der in Blech gepresste Anspruch der Stuttgarter, ein Premium-Fahrzeug anzubieten.
Dieser Anspruch drückt sich im Fahrzeuginneren eher in dessen Variabilität aus als in dessen Gestaltung. Koffer- und Laderäume lassen sich von 455 Liter bis über 2245 Liter realisieren. Die Rücksitze lassen sich umklappen oder ausbauen; der Beifahrersitz kann ebenfalls weichen und dann einer Ladung von rund drei Meter Länge Raum geben.
Mit dem quer eingebauten Motor samt Frontantrieb, der hohen Kabine und dem langen Radstand von knapp 2,80 Meter haben alle Insassen reichlich Platz für die Beine, im Schulterbereich und über ihren Köpfen. Die Sitze passen, die Lenkradposition ist gut einstellbar, die Instrumente sind hervorragend ablesbar. Und doch fehlt den Armaturen die sportliche Eleganz und Dynamik, die die Karosseriegestaltung erwarten ließe. Trotz guter Materialien stört der kantige Charakter der Armaturentafel, besonders im Bereich des Übergangs von der Tafel in die Türen. Ein Hauch von Nutzfahrzeug kommt hier auf.
Der Unterschied zwischen Außen und Innen, die variable Verwendung als Limousine und Edellaster und auch die Fahreigenschaften mit den unterschiedlichen Motorisierungen schüren den Verdacht, die B-Klasse sind zwei Autos mit durchaus unterschiedlichem Charakter. Mit den Benzin-Saugmotoren des B 150 mit 70 kW (95 PS) und 140 Newtonmeter (Nm) Drehmoment bei 3500 bis 4000 Umdrehungen pro Minuten (U/min) und des B 170 mit 85 kW (116 PS) und 155 Nm zwischen 3500 und 4000 U/min dürften Zweifel an dem Begriff Sport in Sport Tourer angemeldet werden, wenn man ihn nicht auf das mitgeführte Surfbrett bezieht. Selbst der B 200 mit 100 kW (136 PS) und 185 Nm zwischen 3500 und 4000 U/min rechtfertigt eher den Namensbestandteil Tourer.
Für den 2-Liter-Vierzylinder wird zwar eine Beschleunigung von 10,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h angeben. Dennoch lockt der Motor eher zum Gleiten als zum Stochern. Das mag auch an dem Fünf-Gang-Getriebe liegen, dass mit recht langen Wegen und einer nicht immer präzisen Führung das Schalten nicht zum positiven Erlebnis werden lässt. Schalten muss man aber schon, wenn man Leistung provozieren will; denn der Motor verlangt viel Drehzahl, und die B-Klasse ist mit einer Masse von 1335 Kilogramm Gewicht (nach EG) nicht gerade ein Leichtgewicht.
Den Beinahmen Sport verdienen für die B-Klasse der B 200 Turbo mit 142 kW (193 PS) und 280 Nm zwischen 1800 und 4850 U/min und auch der große Diesel B 200 CDI mit 103 kW (140 PS) und 300 Nm zwischen 1600 und 3000 U/min. Mit diesen beiden Motoren entwickelt die B-Klasse einen völlig anderen Charakter. Damit stimmt die Beschreibung vom fahraktiven Auto und vom Sports Tourer. Die B-Klasse sind eben zwei Autos – mindestens, wenn man die Variabilität auch in Betracht zieht.
Über Federungskomfort muss man bei einem derart langen Radstand nicht spekulieren. Der ist gut. Ebenso der Geradeauslauf und die Exaktheit der Lenkung, soweit man beides bei dem starken Wind beurteilen kann, der bei unseren ersten Probefahrten herrschte. Auch über die Sicherheitsausstattung muss man nicht viele Worte verlieren. Das hieße, Eulen nach Athen zu tragen, weil es sich Mercedes-Benz die aktive und passive Sicherheit schon lange auf sein Sternenbanner geschrieben hat.
Aber über Preise sollte man noch ein paar Worte verlieren Der B 180 CDI beginnt bei 24 766 Euro, der B 200 CDI bei 27 956 Euro, der B 150 bei 21 808 Euro, B 170 bei 23 374, das Top-Modell B 200 Turbo 27 840 Euro. Der Diesel-Partikelfilter kostet zur Zeit noch 545,20 Euro Aufpreis. Ab Juli soll an wird auch bei der B-Klasse der Rußfilter serienmäßig mitgeliefert werden. Das wird dann zur ersten Preiserhöhung in der Geschichte der B-Klasse führen. (ar/Sm)
Von Peter Schwerdtmann
21. April 2005. Quelle: Auto-Reporter

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