Was wird neu 2005

Pat, was halten Sie von dem vorgeschlagenen Maßnahmenpaket der FIA?
Pat Symonds:
Ich möchte generell noch einmal betonen, dass sich grundsätzlich Alle einig sind, dass wir Änderungen brauchen. Sonst könnten wir bereits in der kommenden Saison auf einigen Strecken ein Niveau erreichen, bei dem wir uns in puncto Sicherheit nicht mehr uneingeschränkt wohlfühlen würden. Wir sollten dabei nicht über radikale Änderungen in ferner Zukunft reden, sondern lieber über kleinere Modifikationen in kürzeren und regelmäßigen Abständen. In den vergangenen Jahren arbeitete die Technische Arbeitsgruppe der Formel 1 mit diesen Überlegungen im Hinterkopf. Ich glaube, die am Freitag veröffentlichen Vorschläge stellen ein sehr gutes Zwischenstadium für 2005 dar. Sie werden die Rundenzeiten auf das Niveau von vor einigen Jahren hochschrauben, bevor dann 2006 mit den Änderungen in der Triebwerks-Architektur ein weiterführender Schritt ansteht.

Gehen wir ein bisschen ins Detail: Welche Auswirkungen werden die Änderungen im Chassis- und Motorenbereich haben?
Pat Symonds: 
In puncto Chassis gehen die Maßnahmen etwas weiter als die Vorschläge der Technischen Arbeitsgruppe. Während wir ihre Auswirkungen erst in einigen Tagen abschließend beurteilen können, scheint es doch so, als ob die FIA mit Absicht über die ursprünglichen Empfehlungen hinausgegangen ist. Durch die Maßnahmen werden sich die Autos etwas schwieriger fahren lassen, da sie weniger Grip aufbauen. Dies macht jedoch keinen allzu großen Unterschied. Die Geschwindigkeiten sinken dadurch in etwa um das Maß, das wir bereits vor einigen Jahren mit der Einführung der Rillenreifen erlebt haben. Auf der Motorenseite bedeutet das V8-Konzept mittelfristig eine interessante technische Herausforderung. 2005 hingegen stellt eine Art Übergangsjahr dar. Die so genannte „Zwei-Wochenend“-Regel wird insbesondere die Entwicklungsgeschwindigkeit reduzieren. Die Teams müssen ihre Ressourcen zunächst dafür einsetzen, die Zehnzylinder-Triebwerke so standfest zu machen, dass sie 1.300 Kilometer halten. Erst danach geht es darum, die Leistung zu steigern.

Werden diese Änderungen die angestrebten Ziele erreichen?
Pat Symonds:
Ich persönlich glaube, dass die Änderungen im Triebwerksbereich eher zu einer Reduzierung der durchschnittlichen Motorleistung während der Rennwochenenden als zu einer Beschneidung der maximalen Leistung führen. Während des Qualifyings und in bestimmten Rennphasen könnten die Aggregate kurzfristig über eine ähnliche Leistungsausbeute verfügen wie in diesem Jahr. Zwar lassen sich die Monoposti durch die Änderungen der Aerodynamik schwieriger fahren, angesichts des reduzierten Luftwiderstands könnten die Höchstgeschwindigkeiten auf einigen Kursen aber sogar steigen. Dem gegenüber stehen aber generell langsamere Tempi am Kurvenausgang.

Und wie beurteilen Sie die Reglementänderungen bei den Reifen?
Pat Symonds:
Die Vorschläge in diesem Bereich stellen einen unbekannten Faktor dar. In den vergangenen Jahren hatten die Pneus größeren Anteil an den stetig steigenden Geschwindigkeiten als jedes andere Bauteil der Autos. Dadurch, dass die Reifen jetzt eine vierfach höhere Laufleistung absolvieren sollen, könnten die Rundenzeiten in einem weit geringeren Verhältnis sinken. Die Gummimischungen müssen härter werden. Dies verlangsamt die Autos, und die Reifen bauen weniger schnell ab. Dabei sollten wir aber nicht vergessen, dass ihr Verschleiß schon heute nicht sonderlich hoch ist. Wir wechseln zum Teil Pneus, die immer noch sehr gut funktionieren – einzig und allein vor dem Hintergrund, dass es ein strategischer Vorteil ist, noch bessere neue Reifen zu fahren. Zudem gebe ich zu bedenken, dass das Pneu-Reglement eng mit den Qualifying-Regeln zusammenhängt, die noch nicht in endgültiger Form feststehen. Dies hat großen Einfluss auf die Fahrzeug-Entwicklung.

Werden sich auch die Rennstrategien ändern?
Pat Symonds:
Die neuen Reifen-Regeln wirken sich mit Sicherheit auf die Strategien aus. In welcher Form können wir aber noch nicht sagen, da andere Punkte wie das Qualifying-Format noch nicht feststehen. Momentan besteht ein Grand Prix aus einer Serie aneinandergereihter Sprintrennen. Ich glaube, durch das neue Reglement würden die Teams eher konservativere Taktiken verfolgen. Ich denke, dass wir dann mit weniger Boxenstopps planen, so dass die durch die Strategie bedingten Überholmanöver zurückgehen würden. Auch könnten die Taktiken weniger variiert werden. Die Fahrer müssten sich umstellen und mehr auf ihren Wagen achten. Durch die größeren Mengen Kraftstoff an Bord rücken zum Beispiel die Bremsen wieder in den Mittelpunkt. Die Piloten müssten wahrscheinlich konservativer fahren. Ich glaube aber nicht, dass wir durch die Änderungen mehr Überholmanöver erleben. Die Reduzierung des Abtriebs allein macht das Renngeschehen auf der Strecke nicht viel attraktiver.

Wird es in der Formel 1 in 2006 und 2007 zu einer Zweiklassen-Gesellschaft kommen, wenn sowohl V8- als auch V10-Motoren zugelassen sind?
Pat Symonds:
Ich glaube, alle Teams sehen das lediglich als Möglichkeit, den Übergang von den Zehn- zu den Achtzylindern so glatt wie möglich zu gestalten. Die V10 werden mit Sicherheit derart vom Reglement eingeschränkt, dass sie keinerlei Vorteile mehr bieten werden. Und um ehrlich zu sein, gibt es auch heute bereits eine Zweiklassen-Gesellschaft in der Formel 1. Die Lücke zwischen den Top-Teams und dem Rest des Feldes wird sich durch diese Maßnahme in keiner Weise vergrößern.

Als Stichtag, bis zu dem über die Vorschläge verhandelt werden kann, nannte die FIA den 6. September 2004. Werden wir bis dahin noch viele Aktivitäten erleben?
Pat Symonds:
Ich glaube nicht, dass noch allzu viel passiert. Die meisten – wenn nicht sogar alle – Teams gehen momentan sicher davon aus, dass das Maßnahmenpaket in seiner derzeitigen Form nicht mehr verändert wird.

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