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Hochgelobt für mehr Umweltschutz erfolgte Mitte 2012 in Deutschland die Einführung von Wechselkennzeichen. Die neue Pärchen-Zulassung sollte Kunden motivieren, öfter mal die große Kutsche in der Garage stehen zu lassen und mit dem Kleinwagen zu fahren. Grundsätzlich darf mit einem Wechselkennzeichen immer nur ein Fahrzeug unterwegs sein. Doch schon jetzt steht fest: In Deutschland sind Wechselkennzeichen ein Mega-Flopp. Die Nachfrage dümpelt fast auf Nullniveau.
Schlappe 2 115 Wechselkennzeichen haben Zulassungsstellen zwischen Juli und Dezember 2012 laut dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) ausgegeben. Pro Monat sind das rund 350 Kunden. Der größte Autoversicherer, die HUK-Coburg-Gruppe, hatte bis März 2013 gerade einmal 200 Verträge verkauft, der zweitgrößte Anbieter, die Allianz 156 Policen. Bei der Kölner DEVK sollen es zwischen 500 und 1 000 Verträge sein. Eine exakte Auswertung gebe es noch nicht. Und bei der Zurich Versicherung haben die Kunden – trotz massiver Werbung – bisher weniger als 100 Verträge abgeschlossen. Dies bedeutet auch eine Schlappe für den ADAC. Der aber rühmt sich trotzdem mit seiner ADAC-Autoversicherung „Marktführer bei Wechselkennzeichen“ zu sein. Genaue Zahlen will der Autoclub nicht nennen. Doch Marktführer von sehr wenig, bleibt sehr wenig.
Demgegenüber hatte der Staat mit 54 000 Kunden pro Jahr gerechnet – in sechs Monaten hätte es dann immerhin 27 000 Fahrzeugpärchen mit Wechselkennzeichen gegeben; Pustekuchen! Meilenweit ist Deutschland in dieser Beziehung von der Schweiz entfernt. Hier fahren 10 Prozent der Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen. Umgerechnet für Deutschland wären das fünf Millionen Fahrzeuge. Die Neueinführung des Wechselkennzeichens hat hierzulande viel Geld gekostet. Immerhin entstand Firmen mit Flotten nach Einschätzung des Bundesrates wegen einer neuen Informationspflicht und den kommunalen Zulassungsbehörden ein Mehraufwand von insgesamt über 20 Millionen Euro. Auch für die Kfz-Versicherer, die Wechselkennzeichentarife anbieten, dürfte die Neuregelung aufgrund der Kalkulation und höheren Verwaltungskosten ein Minusgeschäft gewesen sein. Die Zeche zahlen Steuerzahler und alle Autobesitzer.
„Wir wollen die Nutzung mehrerer Fahrzeuge erleichtern und einen Anreiz zum Kauf eines umweltfreundlichen Zweitfahrzeuges, etwa eines Elektroautos setzen“, begründete Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer die Einführung der Wechselkennzeichen. Doch gegen das starke Bundesfinanzministerium konnte sich der Verkehrsminister nicht durchsetzen. Anders als im Ausland, gibt es in Deutschland keine Steuervergünstigung für Autobesitzer mit Wechselkennzeichen. Zudem dürfen immer nur zwei Autos zum Wechsel-Pärchen ernannt werden und die müssen auch noch aus der gleichen Gruppe stammen. So können Pkw mit einem anderen Pkw, aber auch mit einem Reisemobil oder einem Oldtimer kombiniert werden. Kritiker hatten daher die deutsche Regelung im Vergleich mit dem Ausland als „kleine Wechselkennzeichenlösung“ bezeichnet.
Die meisten Autoversicherer geben den Kunden, die für ihre Fahrzeuge einen Wechselkennzeichentarif abschließen, nur einen marginalen Rabatt oder machen gar nicht mit. „Uns bleibt nur ein geringer Spielraum für eine risikobezogene Beitragsreduzierung, denn das Risiko von Fahrzeugen mit Wechselkennzeichen wird bereits durch andere Merkmale wie zum Beispiel die jährliche Fahrleistung sehr gut erfasst“, sagt Holger Brendel von der HUK-Coburg. Der Versicherer gewährt daher in Kfz-Haftpflicht, Vollkasko und Teilkasko maximal 10 Prozent Nachlass. Den gleichen Rabatt geben Concordia, Württembergische und HDI, während die Generali immerhin 20 Prozent Nachlass bietet und die Signal Iduna nur magere 6,5 Prozent, wie eine Auswertung des Vergleichsrechners der Unternehmensberatung Nafi aus Höxter ergab.
Große Vorteile gibt es bei der DEVK für Kunden, die erstmals einen Zweitwagen mit Wechselkennzeichen zulassen. „Außer dem Beitragsnachlass bietet die DEVK eine Vergünstigung bei der Einstufung in die Schadenfreiheitsklasse. Wer ein Wechselkennzeichen nutzt, erhält für das zweite Fahrzeug dieselbe Rabattklasse wie für den Erstwagen.“ Richtig motivieren konnte das die Kunden kaum. Grund: Wer zwei Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen zulässt, muss beispielsweise in Düsseldorf 49 Euro Gebühren zahlen. Hinzu kommt noch der Aufwand für die Kennzeichen, der etwa 56 Euro ausmacht. Das frisst den einzigen Vorteil des Wechselkennzeichens, den Nachlass bei einigen Autoversicherern, schnell auf. Skeptiker, wie die Gothaer oder Axa Versicherung, die schon bei der Einführung des neuen Kennzeichens einen Flopp voraussagten, haben nun wohl recht behalten. Notwendig wäre nun eine verbraucherfreundliche Reform, um Wechselkennzeichen doch noch mehr Schwung zu verleihen.
geschrieben von auto.de/(usk/mid) veröffentlicht am 30.04.2013 aktualisiert am 30.04.2013
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