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VW
Wenn viele Vorstände eines Unternehmens zur gleichen Zeit auftreten, wird der Journalist hellhörig. Da könnte etwas im Busche sein, wenn so viele aus der Volkswagen-Spitze für die Sao Paulo Auto Show nach Brasilien reisen. Das kann bedeuten, dass die angekündigte Studie schnell ein strategisch wichtiges Produkt wird. Oder die Herren wollen ein Zeichen setzen in ihrem zweitgrößten Markt nach China und vor Deutschland – ein Zeichen für Brasilien und damit auch für Volkswagen do Brasil.
Im kommenden Jahr arbeitet Volkswagen 60 Jahre in Brasilien. „Wir sind Teil der Gesellschaft hier“, sagt VW-do-Brasil-Chef Thomas Schmall. Die Brasilianer empfinden Volkswagen als brasilianische Marke, meint er. Aus den acht Werken mit zusammen rund 24 000 Mitarbeitern in Brasilien und Argentinien konnten 2011 fast 830 000 Fahrzeuge abgesetzt werden. „In diesem Jahr wird es noch eine Schippe mehr“, sagt Schmall und erklärt, Volkswagen do Brasil sei besser durch die Krise gekommen als die Wettbewerber.
Über die Zukunft hat Schmall nur Positives zu berichten: Die Mittelschicht in Brasilien wächst. Die Gesellschaft ist jünger als die in Indien. Die Nachfrage nach persönlicher Mobilität mit Auto ist ungebrochen. Ein Premium-Markt entsteht schon. Bis 2018 sollen in Südamerika statt heute 5,5 Millionen Personenwagen acht Millionen verkauft werden können. Mit einer Kapazität von einer Million Fahrzeugen heute und der Zusage, dass der Konzern in den Jahren bis 2016 rund 3,4 Milliarden Euro investieren will, davon rund ein Drittel in die Werke, kann er optimistisch nach vorn gucken.
Zwar treten vermehrt auch Wettbewerber auf die Bühne, aber Schmall und auch sein Personalvorstand Josef Fidelis-Senn sind sicher, die werden sich schwertun, den Vorsprung der seit fast 60 Jahre fest verankerten Marke und die umfassenden Qualifizierungsmaßnahmen von Volkswagen aufzuholen. Im Übrigen verweist das brasilianische Management auf große jährliche Produktivitätszuwächse im „hohen einstelligen Bereich“ und auf die Verwurzelung mit der brasilianischen Gesellschaft. Seit Jahren schon fördert man Bildung vom Kindergarten bis hin zur Lehrerausbildung, wird bald 95 Prozent der benötigten Energie aus regenerativen Quellen zapfen und schafft heute beim Abfallrecycling ebenfalls schon fast 94 Prozent.
Und doch soll ein Ruck durch Unternehmen gehen, steht eine neue Entwicklung ins Haus. Volkswagen do Brasil hat in dem südamerikanischen Land schwere Zeiten mit durchgestanden. Nachdem es zunächst so gut begonnen hatte, fegten mehrere Wirtschaftskrisen mit Inflationsraten von bis zu 7000 Prozent pro Jahr alle Erfolge weg. Doch man überlebte. Volkswagen-Chef Martin Winterkorn sprach es gern aus beim so genannten Konzernabend der Volkswagenmarken am Vorabend des Pressetags von Sao Paulo: “ Wir haben immer zu Brasilien gestanden, in allen Höhen und in den Tiefen.“
VW do Brasil genoss – fern der Heimat – auch besondere Freiheiten. Da entstanden Autos, die Deutschland nur auf Fotos gesehen hat, wie die Coupés SP1 und SP2. Da wurde die Benzineinspritzung zum ersten Mal bei Volkswagen eingesetzt, aber auch Technik in neue Kleider gepackt, weil das in dem damaligen Schwellenland Brasilien der beste Weg zu marktgängigen Preisen war. Da kam sogar mit dem VW Fox mal ein Brasilianer auf den deutschen Markt und floppte.
In den ersten fünf Jahren nach der Jahrtausendwende standen die Zeichen auf Konsolidierung, auf Kostensenkung. Danach begann eine Phase, in der VW do Brasil sein Produktportfolio ausweitete. Heute rollen hier eine Reihe von Fahrzeugen vom Band, die in Südamerika erfolgreich sind. Viele bedienen sich aber immer noch der Technik der Autos, die in Deutschland längst einen Nachfolger haben, manche schon lange. So rollt hier bei den leichten Nutzfahrzeugen immer noch ein aufgefrischter Uralt-Bulli zu den Händlern und auch der gerade in Sao Paulo präsentierte Volkswagen Gol ist eher der Golf VI als der neue Golf VII.
Kann das so bleiben, dass in Brasilien der zweite Aufguss angeboten wird? Das Signal, das der Vorstand jetzt setzte, spricht für einen neuen Anfang. Markt und Kaufkraft wachsen, die Ansprüche auch. Der Wettbewerb schläft nicht und wird eines Tages Werke mit ähnlich guter Mannschaft und ähnlich großer Fertigungstiefe wie Volkswagen in Brasilien fertigen. Nun wird es Zeit, den nächsten Schritt zu tun und die komplette Technologie des Konzerns einzusetzen, zum Beispiel den Modularen Querbaukasten, auf dem der Audi A3 und der Golf beruhen, oder den Modularen Längsbaukasten oder den Modularen Sportbaukasten, vielleicht aber auch erst einmal den Baukasten der „New Small Familiy“, mit dem der Up entstand.
Wahrscheinlich beginnt die Angliederung der brasilianischen Technik exakt mit diesem Baukasten für die Kleinen. Schmall jedenfalls sieht für Autos des sogenannte A-00-Segments einen stark steigenden Markt in Südamerika. Die Studie, die als Weltpremiere den VW-Stand bis zum Sonntag, 4. November 2012, schmücken wird, gehört zur New Small Family.
„Brasilien ist ein Eckstein unserer Strategie“, sagt Martin Winterkorn. Damit meint er das Ziel des Konzerns, bis 2018 General Motors und Toyota in der Stückzahl überholt zu haben. Dafür braucht das Unternehmen den Erfolg in Brasilien. Zwei Drittel der angekündigten Investitionen sollen in neue Produkte fließen. Mal sehen, welcher Baukasten zuerst zum Zuge kommt.
geschrieben von auto.de/(ampnet/Sm) veröffentlicht am 24.10.2012 aktualisiert am 24.10.2012
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