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Brüssel – Der eine, Dieter Zetsche, scheint es mit dem Franzosen Voltaire zu halten: „Arbeit“, spielt der Daimler-/Mercedes-Chef jetzt in Brüssel bei der Unterzeichnung der Vereinbarung einer strategischen Kooperation mit Renault/Nissan auf die wochenlangen Verhandlungen zuvor an, „ist oft der Vater des Vergnügens.“ Der andere, Carlos Ghosn, zitiert den deutschen Denker Hegel: „Ohne Leidenschaft“, so Zetsches Gegenüber mit Blick auf die weitreichende Zusammenarbeit, die beide nun besiegelt haben, „ist noch nie etwas Großes in der Welt gelungen.“
Die Kooperationspartner sind eigentlich keine direkten Konkurrenten. Renault/Nissan ist, bis auf die Nissan-Edelmarke Infiniti, eher bei den Klein- und Kompaktwagen zu Hause. Daimler hingegen gehört zu den größten Anbietern von Premium-Pkw. Beide haben im Krisenjahr 2009 erhebliche rote Zahlen geschrieben Die 1999 gegründete französisch-japanische Allianz war zuletzt mit 6,1 Millionen verkauften Einheiten weltweit die viertgrößte Unternehmensgruppe der Branche und mit den Marken Dacia, Infiniti, Nissan, Renault und Renault Samsung in über 190 Ländern vertreten. Zu den strategischen Projektpartnern gehören Autobauer in China, Russland und Indien. Mit Nissans Leaf kommt Ende 2010 das erste Elektroauto der Allianz in Großserie als erstes[foto id=“286209″ size=“small“ position=“right“][foto id=“286210″ size=“small“ position=“right“] von mindestens acht unterschiedlichen Fahrzeugen dieser Art auf den Markt.
Zum Portfolio des größten weltweit aufgestellten Nutzfahrzeug-Herstellers Daimler, der seine Produkte in nahezu allen Ländern vertreibt, gehören neben Mercedes als wertvollster Automobilmarke der Welt noch die Marken Smart und Maybach sowie Freightliner, Western Star, Fuso, Setra, Orion und Thomas Built Buses. Der Konzern hat zuletzt rund 1,6 Millionen Fahrzeuge abgesetzt.
Belgiens Hauptstadt, Square-Konferenzzentrum, Rue Mont des Arts. Nach monatelangen Spekulationen ohne direkte Bestätigung geht plötzlich alles ganz schnell. Daimler und die seit elf Jahren bereits verbundenen Allianzpartner Renault/Nissan haben offenbar bewusst neutralen europäischen Boden für die Bekanntgabe ihres Vorhabens gewählt. Dieter Zetsche ist höflich, sagt gleich zu Beginn „Merci“ und „Arigato“ (französisch und japanisch für „Danke“) und wird dann schon konkret: Die Schwaben wollen ihre Präsenz im Kleinwagen-Segment ausbauen, ihre Motorenpalette um neue Drei- und kleinere Vierzylinder-Aggregate ergänzen, ihre [foto id=“286211″ size=“small“ position=“left“]Kapazitätsauslastung in der Antriebsfertigung verbessern und ihr Angebot bei den leichten Nutzfahrzeugen erweitern.
Was das bedeutet? Es gibt eine gemeinsame Plattform für die nächste Smart- und Twingo-Generation, kündigt der Daimler-/Mercedes-Mann („Wir mussten bei den kleineren Modellen und Motoren handeln“) an. Neben dem Zweisitzer Fortwo ist nun doch auch wieder ein Viersitzer für die Kleinstwagen-Tochter der Stuttgarter geplant. Der Fortwo läuft weiter im elsässischen Hambach, der Viersitzer und der nächste Twingo rollen im slowenischen Renault-Werk vom Band. Die Einführung der neuen Modelle soll ab 2013 erfolgen. „Und schon vom Start weg“, betont Zetsche, „werden sie alle auch mit Elektroantrieb erhältlich sein.“
Weiter auf Seite 2: Drei- und Vierzylinder; Motoren von Infiniti; Milliarden …; Schlüssel zum Erfolg
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Was die Drei- und kleineren Vierzylinder betrifft, stellt ein bereits vorhandener Motorentyp der französisch-japanischen Allianz die Basis dar. Die Dreizylinder treiben künftig die Smarts an. Die Vierzylinder sind für die Einstiegsmodelle der A– und B-Klassen-Nachfolger vorgesehen. Es hätte bei dem noch vergleichsweise kleinen Kompaktwagen-Volumen von Mercedes keinen Sinn gemacht, deutet Zetsche an, das alles alleine zu entwickeln und zu produzieren. Die Kooperation hilft aus Daimler-Sicht jedenfalls, die Entwicklungskosten zu reduzieren, die [foto id=“286213″ size=“small“ position=“right“][foto id=“286214″ size=“small“ position=“right“]Marktreife zu beschleunigen und wettbewerbsfähige Verkaufszahlen zu erreichen.
Nissans in den USA recht erfolgreiche Nobeltochter Infiniti, die gerade versucht, auch in Europa und in Deutschland Fuß zu fassen, kann im Gegenzug auf die größeren, sparsameren und entsprechend sauberen Vier- und Sechszylinder-Benziner und -Diesel der Schwaben zurückgreifen. Von beiden Seiten zusätzlich vereinbart worden ist, dass die technische Basis für ein neues, in Frankreich gefertigtes leichtes Mercedes-Nutzfahrzeug, eine Art Stadtlieferwagen als Vaneo-Ersatz, von Renault kommt. „Wir haben dafür schließlich“, kommentiert das ein Sprecher der Franzosen, „unseren Kangoo.“ Zur Nutzung gemeinsamer Antriebskomponenten gehört darüber hinaus ebenfalls die Anpassung eines kleineren Dieselmotors für den Mercedes-Mittelklasse-Van Vito.
Ghosn beziffert den aktuellen Nettowert der Synergien durch die Kooperation mit Daimler, zu der auch eine in dieser Höhe eher kosmetische Überkreuzbeteiligung von jeweils 3,1 Prozent gehört, auf rund zwei Milliarden Euro in fünf Jahren. Laut dem Renault/Nissan-Boss („Wir schaffen ein Technik-Kraftwerk, das allen Partnern Vorteile bringt“) sind sich die Beteiligten von Anfang an einig darüber gewesen, „kein Interesse an einer Fusion zu [foto id=“286215″ size=“small“ position=“left“]haben“.
Als Schlüssel für erfolgreiche Kooperationen sieht Ghosn, der zusammen mit Zetsche den zwölf Mitglieder starken Kooperationsausschuss führt, den Respekt für unterschiedliche Identitäten, das Vertrauen und die Offenheit unter den Mitarbeiter beider Seiten „und im Glauben, dass jedes Unternehmen die Freiheit hat, seine eigenen einzigartigen Charakteristika zu erhalten und zu stärken.“ Im Übrigen hat sich Ghosn offenbar auch schon mit Nietzsche befasst, den er im philosophischen Reigen noch vor Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung ebenfalls zitiert, Motto „Was dich nicht umbringt, macht dich nur noch stärker.“
geschrieben von auto.de/Günther Koch/KoCom | Fotos: Koch veröffentlicht am 08.04.2010 aktualisiert am 08.04.2010
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