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Wolke sieben: Auch Opel macht in Wasserstoff

Totgesagte leben länger. Das gilt auch für alternative automobile Antriebe. Eine Renaissance ungeahnten Ausmaßes erlebt derzeit die Brennstoffzelle. Eigentlich war die seit den 90er Jahren erprobte Antriebstechnik schon fast abgeschrieben. Doch spätestens seit Daimler seine B-Klasse F-Cell medienwirksam zu ihrer 125-tägigen Promotion-Reise um die Welt geschickt hat, ist das Wasserstoffauto wieder in aller Munde.

Aber auch andere Automobilhersteller setzen auf die saubere Technik und sammeln massenhaft Testmeilen. Allen voran Opel: Zwei Millionen Meilen, umgerechnet gut 3,2 Millionen Kilometer, haben die 100 weltweit im Einsatz befindlichen HydroGen4-Wasserstoffautos inzwischen schon absolviert. Auch in Deutschland schwirren zehn Erprobungsfahrzeuge auf Basis des Mittelklasse-SUV Equinox von GM-Konzernschwester Chevrolet lautlos und abgasfrei durch die Straßen. Als Teil des Leuchtturmprojekts „Clean Energy Partnership“ (CEP) machen sie mit ihrem im Dauerbetrieb 73 kW/99 PS leistenden Elektromotor seit 2002 unter anderem ADAC-Pannenhelfern und Außendienstmitarbeitern von Unternehmen wie Ikea oder Coca-Cola Beine. Dadurch soll die Brennstoffzellentechnik im Alltagsbetrieb auf Herz und Nieren getestet werden. Immer wenn einer der „Saubermänner“ zum Auftanken vorfährt, werden per drahtlosem Internet automatisch die Fahr- und Leistungsdaten übermittelt und ausgewertet.

Das Ergebnis ist viel versprechend

Schon heute liegt die Verlässlichkeit der CO2-freien Autos bei über 99 Prozent. Gerade einmal einen echten Ausfall hat die Testflotte im vergangenen Jahr zu verzeichnen gehabt. Natürlich werden auch die Fahrer nach ihren Erfahrungen befragt. Wichtig: Hinter dem Steuer des Versuchs-SUV sitzen keine Ingenieure, sondern Ottonormal-Autofahrer. Die meisten dieser Brennstoffzellen-Pioniere sind überrascht, wie viel „echtes“ Auto in den bis zu 160 km/h schnellen Fahrzeugen der Opel-Testflotte steckt. Neben der geringen Geräuschentwicklung und der hohen Verlässlichkeit ist der von den Testpiloten mit Abstand meistgenannte Pluspunkt die kräftige Beschleunigung. Wie bei anderen Elektroautos auch ist das maximale Drehmoment, in diesem Fall 320 Newtonmeter, vom Start weg verfügbar.[foto id=“365769″ size=“small“ position=“left“]

Probleme?

Wenn überhaupt, dann ganz gewöhnlicher Natur. Ein Mal ist ein Ventil an der Membran, die den Wasserstoff (H2) in Protonen und Elektronen trennt, eingefroren. Ein anderes Mal ist ein Kontakt der Batterie lose gewesen – die üblichen Kinderkrankheiten eines Vorserienfahrzeugs. Was für die Rüsselsheimer viel wichtiger ist: „Wir haben bis heute kein substanzielles Problem mit den Brennstoffzellen selbst festgestellt“, berichtet Lars Peter Thiesen, Opels Chefstratege in Sachen Wasserstoff.

Erfahrungen, die sich schon bald als wertvoll erweisen könnten. Das weiß auch die Rüsselsheimer Chefetage. Der Ende des Jahres auf den Markt kommende Ampera, Opels Elektroauto mit der verlängerten Reichweite, soll erst der Anfang vom Aufbruch in emissionsfreie Zeiten sein. Laut Aufsichtsratchef Nick Reilly ist die Brennstoffzellentechnik der „nächste große Schritt“ auf dem Weg ins Elektrozeitalter. In der Tat sprechen viele gute Gründe für die Brennstoffzelle als Antrieb des Öko-Autos von morgen.

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Argument Nummer eins: Die Reichweite

Im Falle des Hydrogen4-Vorzeigemodells wird sie mit über 300 Kilometern angegeben. Ein Wert, von dem Fahrer batteriebetriebener Elektroautos nur träumen können. Sie schaffen in der Praxis nur 80 bis 100 Kilometer, bevor sie wieder für einige Stunden zum Aufladen ans Netz müssen. Zwar setzen auch die Hessen auf kleine City-Stromer wie den Junior, der 2013 kommen soll. Deren Revier wird aber wohl für immer die Stadt bleiben. Der Grund: Die Energie, die sie zum Fahren brauchen, müssen sie in Form von sündhaft schweren Batterien immer mit sich herumschleppen. Um auf eine Reichweite von 500 Kilometern zu kommen, müssten die dafür verwendeten Lithium-Ionen-Akkus selbst bei großen Fortschritten in der Speichertechnik noch 800 Kilogramm wiegen, rechnen die Ingenieure vor. Eine Masse, die erst einmal bewegt werden will. Zum Vergleich: Ein gefüllter Wasserstofftank, der die gleiche Reichweite sicherstellt, bringt nur 125 Kilogramm auf die Waage.

Grund Nummer zwei: das Tanken

„Was in der öffentlichen Debatte gern unterschätzt wird, ist die Art und Weise, wie die Energie ins Auto kommt“, erläutert Wasserstoff-Experte Thiesen. Auch hier hat das Brennstoffzellenauto im Vergleich zu seinen stromgespeisten Kollegen fast nur Vorteile: Keine stundenlangen Ladevorgänge, währenddessen das Fahrzeug zum „Stehzeug“ wird. Im Gegensatz dazu ist der Tankvorgang bei mit 700 bar verflüssigtem Wasserstoff in drei Minuten erledigt. „Leider ist die Zuverlässigkeit der Tankstellen noch nicht so hoch wie [foto id=“365771″ size=“small“ position=“left“]die unserer Autos“, so Thiesen. Vor allem aber gibt es von ihnen noch viel zu wenig. Weniger als zehn frei zugängliche Stationen sind derzeit im Bundesgebiet zu finden.

Das soll sich bis zum Jahr 2015 ändern. Dann nämlich möchte Opel gerne erste Serienfahrzeuge anbieten. „Unser Ziel ist es, parallel zur Markteinführung eine flächendeckende Infrastruktur aufzubauen“, sagt Rittmar von Helmolt, Leiter Forschungsstrategie Elektrische Antrieb bei Opel. Aber das wird nicht billig. Rund drei Milliarden Euro würde es kosten, bis 2020 ein Netz von Wasserstofftankstellen aufzubauen, welches eine flächendeckende Versorgung sichert.

Eine Investition, die sich auszahlen könnte. Denn was in der Theorie schlüssig klingt, funktioniert in der Praxis schon heute ziemlich gut. Bei ersten eigenhändigen Testfahrten hat das Versuchsfahrzeug der Rüsselsheimer keine Schwächen gezeigt. Und wenn das Wetter mitspielt, lässt sich sogar beobachten, was das Brennstoffzellenauto ausstößt: einen Hauch von Nichts! Statt stinkendem Abgasqualm entfleucht ihm nur ein Kondenswasser-Wölkchen. Schöne neue Autowelt.

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