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WRC-Saison 2014 – Harte Schule für Hyundai

WRC-Saison 2014 – Harte Schule für Hyundai Bilder

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Alter Schwede! So einen Winter habe er noch nie erlebt, sagte uns der alte Snowmobil-Verleiher im schwedischen Värmland. „Das sind hier minus 20 Grad und ein Meter Schnee.“ Wir erlebten stattdessen einen Menge Regen, bestenfalls Schneeregen bei Temperaturen meist oberhalb null – nicht das Wetter, dass man sich von einem Lauf zur Word Rallye Championship im Winter in Schweden erwartet.

Für WRC-Neuling Hyundai, für den die Schweden-Rallye nach mehrjähriger Pause den zweiten Weltmeisterschaftslauf überhaupt darstellt, gilt mehr noch als für die anderen Teilnehmer Volkswagen, Ford und Citroen der Satz „Nach der Rallye ist vor der Rallye“. Denn das Team hat sich dafür entscheiden, durch die harte Schule zu gehen. Mit jedem Lauf will man die Erfahrungen sammeln, über die andere Teams längst verfügen. Im kommenden Jahr kann man dann – so die Theorie – [foto id=“499653″ size=“small“ position=“right“]an derselben Stelle unter vergleichbaren Bedingungen mit besser abgestimmten Autos und erfahreneren Fahrern an einen besseren Eindruck hinterlassen.

Wenn man unserem Snowmobil-Vermieter glauben kann, hat das für Hyundai bei der Schweden Rally 2014 nicht geklappt. In Schweden mussten die Teams jetzt mit den zugeteilten Reifen klarkommen, auch wenn deren Spikes weder Schnee noch Eis zu greifen bekamen, sondern mit Schotter und Schlamm kämpfen mussten. Aber die Rallye könnte ja im nächsten Jahr wieder so aussehen wie 2013. Dann versprechen die Daten dieses Jahres wenig Fortschritt.

Hyundai hat sich zu einem völlig anderen Einstieg als der amtierende WRC-Meister Volkswagen 2013 entschieden. Der betrat die WRC-Bühne erst, als Volkswagen Motorsport mit einem Skoda-Team bei der Rallye 2000 genau wusste, wo der Weg hinführen musste. So wurde schon das erste Jahr zu einer Erfolgsstory, bei der auch die alten Rallye-Asse von Ford und Citroen nicht mithalten konnte. Hyundai dagegen tritt mit seiner Rallye-Version des i20 gleich in der WRC an.

„Entwickeln vor Publikum“, nennt das Stefan Henrich, der Marketing-Direktor von Hyundai Motorsport mit Sitz in Alzenau, einem der Punkte im hessischen Motorsport-Viereck von Hyundai: Europa-Hauptquartier in Offenbach, Entwicklung in Rüsselsheim, Alzenau und dem Flughafen Frankfurt, wo bald schon sieben Tonnen Fahrzeuge und Ersatzteile zur Rallye in Mexico aufbrechen werden.

In Alzenau arbeiten zur Zeit schon mehr als 100 Mitarbeiter am Project WRC, ein Teil von ihnen am aktuellen Wettbewerbsfahrzeug, ein anderer an dessen Nachfolger. Noch in diesem Jahr sollen 30 weitere Ingenieure, Mechaniker und andere Disziplinen dazukommen. Dann werden zwei der drei noch vor Monaten leerstehenden Hallen der insolventen Schott [foto id=“499654″ size=“small“ position=“left“]Solar wieder mit Leben erfüllt sein. Von Solar zum Motorsport – manchen würden das als Ironie des Schicksals bezeichnen.

Sportchef Alain Penasse genießt offensichtlich das moderne und funktionsfähige Hauptquartier für sein Team. In Schweden musste er allerdings gute Miene zum schlecht laufenden Spiel machen. Am Freitag fielen beide Fahrzeuge aus, an derselben Stelle, hörte man. Von einem Stein war die Rede. So ganz lichtete sich der Nebel über den Gründen für die Ausfälle aber nicht.

Bei Thierry Neuville und seinem Beifahrer Nicolas Gilsoul riss eine Radaufhängung ab. Dabei nahm auch die Ölversorgung Schaden. Neuville stellte den Motor ab, um ihn zu retten. In der Tat gelang die Reparatur. Bei Juho Hänninen und Tomi Tuominen klappten nach dem Aufprall die vorderen Radaufhängungen nach außen. Auch hier gelang die Reparatur. Beide Fahrzeuge konnten deswegen am nächsten Morgen wieder antreten, allerdings mit soviel Zeitstrafe im Gepäck, dass sie keine Chancen auf vordere Plätze hatten.

Dennoch war dem Team das erneute Antreten wichtig. „Wir wollen uns dem Publikum wenigstens noch einmal in guter Form zeigen“, sagte Henrich. „Für die Zuschauer machen wir das doch schließlich.“ Diese Aussage hat für Hyundai offenbar eine besondere Qualitität. Alle Teams fahren fürs Publikum, für die Marke, fürs Marketing. Aber Henrich meint auch die Zuschauer an der Strecke.

Dort schotten sich andere gern ab: Zutritt nur für geladene Gäste. Allein den Monteuren können die Zuschauer im Servicepark auf der Startbahn des Flughafen Hagfors zusehen. Bei dem Schweden-Wetter 2014 wird mancher von denen mit dem festen Eindruck heimgegangen sein, die eigentlichen Helden dieser Rallye seien die Mechaniker, die unter Zeltkonstruktionen ohne Seitenwände in Wind, Regen, Dunkelheit und Schlamm die Hochleistungsmaschinen an der oberen Leistungsgrenze halten sollen. Da haben es die Fahrer doch einfacher. Die haben wenigstens ein dichtes Dach über dem Kopf.

Dach überm Kopf, Heizung und viel Licht in einer blitzsauberen Werkstatt bietet Hyundai seinen Mechanikern, aber auch den Zuschauern. Die können dicht an die Autos heran, entweder an der Seite oder sogar von oben, von der Galerie im ersten Stock. Die anderen Teams blicken mehr oder weniger neidisch auf die Möglichkeiten der neuen Nachbarn. Manche halten das auch für protzig und verweisen auf die langen Aufbauzeiten. Aber alle kommen gerne einmal auf einen Kaffee vorbei und zum Aufwärmen.

Beim Kaffee verhalten sich die Hyundai-Mitarbeiter jedenfalls keineswegs großkotzig, sondern eher kleinlaut. Sie dämpfen die Erwartungen. Sie wollen ihren Weg durch die Saison gehen und lernen. So sieht das auch Stammfahrer Thierry Neuville. Die Basis seines WRC-Hyundai sei erstaunlich gut. Aber es sei noch viel Entwicklungsarbeit notwendig. Schnell sei man schon, aber der Hyundai untersteuere. Deswegen habe er auch noch nicht das 100-prozentige Vertrauen zu seinem Auto. „Ich konnte noch nicht ans Limit gehen“, sagt er. Aber zu Grund seines Ausfalls sagt er auch nichts Präzises.

Nach der Qualität der Aerodynamik seines WRC-Renners gefragt, sagt er dafür etwas erstaunliches: „Ich bin mit dem Wagen noch nie über Kuppen gesprungen. Da merkt man am besten, wie die Aerodynamik ist, je nachdem, wie der fliegt.“ Wenn man das so hinnimmt, dann ist die Aerodynamik des Hyundai gut. Denn am Sonnabend schaffte sein Teamkollege Juho Hänninen mit 42 Metern den weitesten Sprung am berühmten Collin’s Crest, an dem einst Rallye-Legende Colin McRae 50 Meter vorgelegt hatte.

So endete das Wochenende für die neuen Nachbarn in der WRC doch noch versöhnlich mit der Jahresweltbestleistung im Weitsprung und den ersten acht Punkten für die Konstrukteurswertung. Am Abschlusstag hinterließen beide Fahrzeuge genau den Eindruck, den Henrich sich gewünscht hatte: Sie sollen schnell sein und sich dem Publikum zeigen. Jetzt geht’s nach Mexico, auf die Rally Guanajuato México vom 6. bis 9. März. Dort wird man ganztägig über Schotter brettern, doch dieses Mal mit den passenden Reifen.

Der Rallye-Zirkus rollt durch Europa, Amerika und Australien. Im Dezember werden wir wissen, wo Hyundai in seiner ersten Saison gelandet ist, was aus der Dominanz von Volkswagen geworden ist und was sich die beiden alten Rallye-Hasen Ford und Citroen einfallen lassen, um den Jungen im Feld Grenzen aufzuzeigen. Das Publikum wird daran seinen Spaß haben. Und während man in Teamkreisen darüber spricht, bald auch nach China und Indien zu gehen, schwebt über der Szene das Gerücht, der Automobilweltverband FIA könne sich die WRC-Serie im kommenden Jahr nicht mehr leisten. Das würde auch unser alter Schwede mit seinen Snowmobilen sehr bedauern. In Värmland ist der Winter lang und jede Abwechslung willkommen, anderorts gilt das sicher auch, selbst bei weniger langem Winter.

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