Zu Fuß durch Kretas wildeste Schlucht

„Jamas“, prostet Frauke 14 deutschen Touristen zu. Der Raki brennt scharf in der Kehle, der Mokka vertreibt die letzte Müdigkeit. Es ist acht Uhr morgens, und die Wanderer wollen sich unter Fraukes Führung auf eine acht Kilometer lange Tour durch die wilde Imbros-Schlucht machen. Acht Kilometer, die fast nur über Geröll führen.

Die Sonne hat sich an diesem Morgen verzogen. Der Himmel ist wolkenverhangen, hin und wieder regnet es sogar. Ein schmaler Fußweg führt vom 780 Meter hoch gelegenen Dorf Imbros nach unten. Nach einer Weile gelangen die Wanderer zu einem breiten, ausgetrockneten Bachbett. Wieder fast nur Geröll und Felsbrocken. Das Gehen ist beschwerlich auf den locker liegenden Steinen. Ab und zu ein wenig Erde und Kies, das macht das Laufen einfacher.

Noch ist die Schlucht breit. Rechts und links säumen grüne Sträucher die Route. Der felsige Grund stellt die Pflanzen vor große Herausforderungen. Kaum Erde, wenig Wasser [foto id=“343718″ size=“small“ position=“left“]und Nährstoffe, extreme Temperaturschwankungen. „Für Moose und Flechten ein idealer Lebensraum“, erklärt Frauke, die über zwölf Jahre auf Kreta lebte.

Dort, wo die Felsen etwas weniger steil abfallen, haben sich dickere Erdschichten gebildet. „Hier, schaut einmal! Das ist das filzige Brandkraut (Phlomis Iychnitis)“, erklärt die 42-jährige Touristenführerin. Die Pflanze ist auf ganz Kreta heimisch. Der Nektar der gelb blühenden Pflanzen schmeckt honigsüß. „Probiert doch mal!“ Die rosafarbenen Zistrosen geben einen schönen Kontrast zu dem Brandkraut ab.

Ziegen blöken. Die Schlucht liegt in völliger Einsamkeit, kein Mensch weit und breit. Nur Ziegen begleiten die Wanderer ein Stück des Weges. Immer wieder ist suchendes Blöken zu hören, wenn sich ein Zicklein von der Herde entfernt hat. Die Antwort erfolgt meist prompt. Nach erfolgreicher Familienzusammenführung wird es dann wieder still. Nur das Zwitschern der Vögel ist noch zu hören.

Die Schlucht war früher die einzige Verbindung zwischen Nord- und Südküste. Stellenweise ist deutlich die Struktur eines alten gepflasterten Weges zu erkennen. Auf ihm durchquerten die Kreter früher mit Eseln die Schlucht. Ein Esel ist auch noch heute im Einsatz. Für Notfälle. Er gehört Georges, der in der Mitte der Schlucht von April bis Oktober sein Domizil aufgeschlagen hat.

Der Ranger bewohnt eine kleine Hütte, deren Wände mit vergessenen Sonnenbrillen, abgebrochenen Messern, Ziegenhörnern und alten Blechdosen als Blumenvasen geschmückt sind. Der Kreter leistet Erste Hilfe bei kleinen Verletzungen. Von ihm erfahren die Wanderer auch, dass die Imbros-Schlucht in osmanischer Zeit immer wieder Schauplatz von Kämpfen zwischen freiheitsliebenden Kretern und den Soldaten der türkischen Besatzungsmacht war. „In den Höhlen haben sich sogar Frauen und Kinder versteckt. Weil sie dort nicht gefunden werden konnten, räucherten die Türken einfach die Höhlen aus. Alle kamen darin um“, erzählt Georges.

Veilchen in Felsspalten. Nach vier Kilometern nähert sich die Gruppe dem Punkt, wo die Felswände bis zu 300 Meter in die Höhe ragen und die Schluchtwände immer enger werden. Mit ausgestreckten Armen können die Wanderer jetzt beide Felswände mit den Fingerspitzen berühren. Nur 1,60 Meter breit ist es an der schmalsten Stelle.

Erstaunlich, wie viele Pflanzen an den Felswänden Halt finden. Frauke zeigt auf Feigen und Rhododendren. In Felsspalten versteckt wachsen auch weiße Alpenveilchen. Ganz weit oben am Fels wächst eine Pflanze, für die junge Männer früher ihr Leben riskierten, wenn sie an den steilen Felswänden emporkletterten: der Diktamon (Origanium dictamus). Schon Aristoteles pries diese Pflanze wegen ihres medizinischen Werts. Heute schreibt man dem aus ihr gewonnenen Tee sogar eine aphrodisierende Wirkung zu.

Nun dauert es nicht mehr lange und die langsam müde werdenden Wanderer passieren ein natürliches Felsentor. Dahinter öffnet sich die Schlucht wieder und gibt einen traumhaften Blick auf das türkis schimmernde Libysche Meer frei. Schnell sind bei diesem Anblick die schmerzenden Füße vergessen.

Der mittlerweile durch Trockensteinmauern gesäumte Fußweg führt in das Dorf Komitades. Die Landschaft wirkt hier karg und abweisend. Sfakia heißt der Landstrich. Ihre Bewohner haben auf Kreta einen legendären Ruf: Nie schafften es fremde Eroberer, sie zu unterwerfen. Die Sfakioten gelten als wehrhaft, unbeugsam und freiheitsliebend. Wie die Landschaft, so die Menschen. [foto id=“343719″ size=“small“ position=“left“]

Reisezeit

Die angenehmsten Jahreszeiten zum Reisen sind das Frühjahr und der Herbst. Kreta hat 320 Sonnentage im Jahr, die Höchsttemperaturen im Juli und August erreichen 40 Grad.

Geographie

Die Insel Kreta ist 8335 Quadratkilometer groß. Die Entfernung zum europäischen Festland beträgt 100 Kilometer, zu Asien 175 Kilomter und zu Afrika 300 Kilometer.

Bevölkerung

Kreta hat 600 000 Einwohner. Mehr als 98 Prozent gehören der griechisch-orthodoxen Kirche an.

Wirtschaft

Landwirtschaft bildet den Hauptwirtschaftsfaktor, der Tourismus spielt ebenfalls eine große Rolle.

Reisedokumente

Für die Einreise mit dem Flugzeug oder mit dem Schiff von Italien aus reicht der Personalausweis.

Reisefüher

Kreta, Eberhard Fohrer, 792 Seiten und detaillierte Karte zum Herausnehmen (1:200.000), 24,90 Euro, Michael Müller Verlag.

Fremdenverkehrsamt Kreta, 71202 Heraklion, Tel.: 00302810/246106, Fax: 00302810/246105

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